Die Geschichte der AGMS in der DDR soll entsprechend zu ihrer Schwester in der BRD hier nachgezeichnet werden. Dazu werden alte Unterlagen und Bilder unserer Mitglieder benötigt. Sollten Sie über alte Protokolle, Bilder und Tagungsprogramme verfügen, könnten diese hier veröffentlicht werden. Bitte schicken Sie Ihre Unterlagen an den Vorstand.
Die folgenden Unterlagen stammen von Herrn Prof. Dr. Dube, der sie der DGMS freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Diskussionstagungen der Arbeitsgemeinschaft Massenspektrometrie im Fachverband Analytik der Chemischen Gesellschaft der DDR (soweit bekannt)
Jahr | Ort | Tagungsnr. | Programm |
---|---|---|---|
1975 | Jena | 1. Diskussionstagung | nein |
1977 | Breitenstein/Harz | 2. Diskussionstagung | nein |
1979 | Kyffhäuser/Harz | 3. Diskussionstagung | nein |
1981 | Kyffhäuser/Harz | 4. Diskussionstagung | ja |
1982 | Leipzig | Jubiläumstagung | ja |
1983 | Lindow/Mark | 5. Diskussionstagung | ja |
1985 | Stolberg/Harz | 6. Diskussionstagung | ja |
1987 | Neubrandenburg / gemeinsam mit dem Analytikertreffen der K.-M. Universität Leipzig | 7. Diskussionstagung | nein |
1989 | Friedrichsbrunn/Harz | 8. Diskussionstagung | ja |
Anläßlich der Jubiläumstagung zum 25 jährigem Bestehen der AGMS der DDR in Leipzig wurde im Rahmen des Programms eine kurze Darstellung der Entwicklung veröffentlicht. Diese finden Sie auch im Programm der Tagung in Leipzig. Damit man diese aber besser lesen kann, ist dieser Teil aus dem Programm kopiert und in den unten stehenden Link kopiert worden.
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[accordion-item title=”Geschichte der AGMS der DDR Teil 1″]
Am 6. Dezember 1957 wurde im Amt für Kernforschung und Kerntechnik in Berlin die Arbeitsgemeinschaft Massenspektrometrie gegründet.
Ihre Gründer und Förderer waren:
Prof. Dr. Bernhard, Prof. Dr. Mühlenpfordt, Prof. Dr. Janoke, Prof. Dr. Ölsner.
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten:
Herr Birkenfeld (Institut für Physikalische Stofftrennung der DAW), Prof. Dr. Krebs (Kernphysikalisches Institut der DAW), Dr. Rennhack (VEB Leuna-Werke), Herr Rost (VEB Funkwerk Erfurt), Herr Wagner (Amt für Kernforschung und Kerntechnik), Herr Werner (VEB Leuna-Werke), Herr Zahn (Institut für Physikalische Stofftrennung der DAW).
Die Gründungsversammlung wählte Prof. Dr. Bernhard zum Vorsitzenden, als Sekretäre nahmen Herr Birkenfeld und Herr Wagner die Arbeit auf.
Zunächst war das Ziel der AG, die Entwicklung von Massenspektrometern in der DDR voranzutreiben und zu koordinieren, die technischen Daten der benötigten Geräte festzulegen und Kapazitäten für den Gerätebau zu erschließen.Mitte der fünfziger Jahre wurden in etwa 10 Einrichtungen der Akademie, des Hochschulwesens und der Industrie Massenspektrometer verschiedenen Typs entwickelt. Deshalb wurde die AG zu einem Forum des Erfahrungsaustausches und der gegenseitigen Hilfeleistung. Die Mitglieder waren überwiegend Physiker und Ingenieure. Trotz vielfältiger Bemühungen gelang es aber nicht, die eigenen Geräteentwicklungen mit zum Teil internationalem Niveau in die industrielle Fertigung zu überführen.
Die in der DDR produzierten Kleinserien eines magnetischen Sektorfeldmassenspektrometers des Institutes für Gerätebau und eines Elektronenanlagerungsmassenspektrographen des Forschungsinstitutes Manfred v. Ardenne konnten den steigenden Bedarf an Geräten nicht decken. Deshalb wurden Massenspektrometer aua der Sowjetunion und aus anderen Ländern importiert. Ihr Einsatzgebiet war die Isotopenanalytik und in steigendem Maße auch die chemische Analytik.
In der AG Massenspektrometrie machte sich diese Entwicklung durch einen starken Zustrom von Chemikern zum Mitgliederbestand bemerkbar, der in den Folgejahren, bedingt durch die zunehmende Anwendung der Methode in der Strukturanalytik und zur Identifizierung organisch-chemischer Verbindungen, weiter anhielt. In den Veranstaltungen der AG verschob sich der Schwerpunkt der Thematik vom Gerätebau und apparativen Fragen mehr und mehr zur Anwendung. Dabei standen die chemische Struktur- und Gemischanalytik, die Festkörperanalytik und die Isotopenanalytik im Vordergrund. Sie sind euch heute noch die thematischen Schwerpunkte der Arbeit.
Es war deshalb nur folgerichtig, daß die AG im Jahre 1969 in den Fachverband Analytische Chemie der Chemischen Gesellschaft der DDR aufgenommen wurde.Sie erhielt damit eine organisatorische Basis und in den Folgejahren vielfältige Unterstützung bei ihrer Arbeit. Seitdem sieht die AG Massenspektrometrie den Erfahrungsaustausch ihrer Mitglieder bei der Anwendung der Methode als ihre wesentlichste Aufgabe an.
Diesem Zweck dienen eintägige Veranstaltungen, von denen bisher 56 durchgeführt wurden, und mehrtägige Diskussionstagungen, die die AG seit 1975 im Zweijahresrhythmus gemeinsam mit dem Zentralinstitut für Isotopen- und Strahlenforschung der AdW veranstaltet. Sie pflegt dabei die Zusammenarbeit mit Fachkollegen der sozialistischen Länder: UdSSR, CSSR, VR Ungarn und SR Rumänien. Im Rahmen des RGW arbeitet sie in der Kommission für wissenschaftlichen Gerätebau mit und wer zum Beispiel an der Ausarbeitung der Prognose Massenspektrometrie beteiligt.
Die Mitglieder der AG haben bei Ihrer Arbeit international beachtete Ergebnisse erzielt, die sie in der Fachliteratur publizierten und auf internationalen Tagungen vortrugen.
Die von DDR-Autoren verfaßten Monographien: Birkenfeld, Haase, Zahn: “Massenspektrometrische Isotopenanalyse”, v. Ardenne, Steinfelder, Tümmler: “Elektronenanlagerungsmassenspektrographie organischer Substanzen”, Dietze: “Massenspektroskopische Spurenanalyse” und Romane, Herzschuh: “Massenspektrometrie in der organischen Chemie” haben international Verbreitung gefunden.
Daß die AG Massenspektrometrie auf 25 Jahre erfolgreicher Tätigkeit zurückblicken kann, ist sehr wesentlich darauf zurückzuführen, daß es ihrer Leitung gelang, die Arbeit unbürokratisch zu Organisieren und effektiv zu gestalten. Besondere Verdienste erwarb sich dabei ihr Sekretär, 0.-I. Birkenfeld, der sich jederzeit mit Tatkraft und persönlichem Engagement für die AG einsetzt.
Es ist vor allem dem langjährigen Vorsitzenden, Prof. Bernhard, zu danken, daß bei den Veranstaltungen der AG stets eine unkonventionelle, aufgeschlossene und kritische Atmosphäre herrscht.
Diese guten Traditionen werden von dem seit 1980 tätigen Vorsitzenden, Dr. Dube, fortgeführt werden.
Am 25. Jahrestag der Gründung ihrer Arbeitsgemeinschaft verfügen die Massenspektrometriker der Chemischen Gesellschaft der DDR über ein wirksames Forum des Erfahrungsaustausches, das ihnen auch in Zukunft helfen wird, ihre Aufgaben effektiver zu lösen.
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[accordion-item title=”Geschichte der AGMS der DDR Teil 2″]
Anläßlich der Jubiläumstagung aus Anlaß des 25jährigen Bestehens der AG Massenspektrometrie am 18. Und 19. Oktober 1982 in Leipzig Die Tatsache, daß die AG Massenspektrometrie(Ost) gerade 1957 gegründet wurde, hatte ihre Ursache darin, daß ab 1956 die deutschen “Spezialisten” aus der UdSSR nach Deutschland zurückkehrten. Da in den Arbeitsgruppen von Manfred v. Ardenne und Gustav Hertz Themen der Uranisotopen-Trennung bearbeitet worden waren, gab es unter den Rückkehrern auch solche, die Massenspektrometer entwickelt und gebaut hatten. Diejenigen von Ihnen, die sich nach der DDR entlassen ließen, wandten ihre Erfahrungen bei ihrer neuen Tätigkeit z.B. im Forschungsinstitiut M. v. Ardenne oder in den Instituten der Akademie der Wissenschaften an. Die Geräteausstattung der Institute, Industriebetriebe und Behörden der DDR bestand nur zu einem kleinen Teil aus Geräten, die aus der UdSSR importiert wurden. Diese waren größtenteils konzeptionell veraltet und schlecht gefertigt. So war es sogar noch Ende der achtziger Jahre – abgesehen von dem kleinen Spezialgerät “Chrom-Mass” – nicht möglich, einsowjetisches GC/MS-System zu erhalten. Deshalb versuchten die meisten Massenspektrometriker der DDR, Importgeräte aus dem Westen zu bekommen. Die Firma FINNIGAN MAT (damals Varian MAT) hatte sich schon Mitte der sechziger Jahre auf diesen Bedarf eingestellt und eine “Ost-Variante” des CH5/CH7-Gerätes gebaut, fürdie wegen des kleinen Trennrohrradius von 12 cm die damals gerade noch geltenden Embargobestimmungen aus der Atombombenzeit nicht zutrafen. Von diesen Geräten des Typs CH6/CH8 gab es schätzungsweise 25 Stück in den MS-Labors der DDR.
Der AGMS(Ost) war es nicht gestattet, Verbindungen zu Institutionen im Westen aufzunehmen. Die Diskussionstagungen hatten den Status “Nationale Tagung mit einigen Gästen aus dem sozialistischen Ausland”. Eine der wenigen Möglichkeiten, mit Fachkollegen aus dem Westen zusammenzukommen, bot das “Analytiktreffen”, das die Karl-Marx-Universität Leipzig im Jahresrhythmus durchführte. Ein Höhepunkt in dieser Serie war das Analytiktreffen 1987, das gemeinsam mit der 7. Dikussionstagung der AGMS(Ost), in Neubrandenburg stattfand und dem Thema Massenspektrometrie gewidmet war. Hier lernten die meisten Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft zum ersten Male die Massenspektrometriker aus dem Westen kennen, deren Lehrbücher sie benutzten und deren Publikationen sie lasen (K. Brunnee, H. Budzikiewicz, D. Henneberg, H. Schwarz, N. Nibbering).
Die Verbindung zur internationalen massenspektrometrischen Gemeinschaft war der AGMS(Ost) erst ab 1982 möglich, nachdem es Prof. J.F.K. Huber (Universität Wien) mit diplomatischem Geschick und Hartnäckigkeit gelungen war, den Vorsitzenden der AGMS(Ost) in das Wissenschaftliche Komitee der 9. IMSC zu berufen.
Die Entspannung der internationalen Lage in den 80er Jahren wirkte sich positiv auf die Arbeit der AGMS(Ost) aus. So wurde es in Einzelfällen möglich, Fachkollegen aus, dem Westen einzuladen. So besuchten Massenspektrometriker aus Österreich und Finnland, später auch aus der Bundesrepublik die DDR und hielten Vorträge. Allerdings war das Einladungsprozedere für beide Seiten aufwendig und durfte nicht über die AGMS(Ost) laufen. Vielmehr beantragten einzelne Mitglieder der AG die Einladungen über die Institute, in denen sie arbeiteten.
Die AGMS(Ost) war als Arbeitsgemeinschaft des Fachverbandes Analytische Chemie der Chemischen Gesellschaft der DDR an deren Spielregeln gebunden. Dennoch gelang es den Vorsitzenden, den Einfluß der Staatspartei weitgehend von der Arbeitsgemeinschaft fernzuhalten. Allerdings stellte sich nach der Wende heraus, daß die AG über einen inoffiziellen Mitarbeiter permanent im Blick des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen war.
Die AGMS(Ost) führte insgesamt etwa 70 eintägige Veranstaltungen und im Zweijahresrhythmus 8 einwöchige Diskussionstagungen durch. Die letzte von diesen fand im Oktober 1989 in Friedrichsbrunn/Harz statt.(Einladung und Programm als Anlage 1). Nach der Wende nahmen die Vorsitzenden der beiden deutschen AGMS, C. Brunnee und G. Dube Verbindung auf, um die Vereinigung herbeizuführen. Das war aber aus vereinsrechtlichen Gründen nicht möglich. Vor den gleichen Schwierigkeit standen die Trägergesellschaften der Arbeitsgemeinschaften, die Chemische Gesellschaft der DDR (CG) und die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Deshalb beschloß die CG, sich aufzulösen und empfahl ihren Mitgliedern den Beitritt zur GDCh. Damit war mit dem 31. Dezember 1990 auch das Ende der AGMS(Ost) festgelegt. Ihr Vorsitzender empfahl deshalb in einem Brief den Mitgliedern, der AGMS(West) beizutreten (Anlage), die damit eine gesamtdeutsche Arbeitsgemeinschaft wurde.
G. Dube 22. 10. 1997
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[accordion-item title=”EA-MS in Halle”]
Die Elektronenanlagerungs(EA)-Ionenquelle des Massenspektrographen ist eine Entwicklung des ehemaligen Privatinstitutes „Manfred von Ardenne“ (Dresden-Weißer Hirsch) und geht auf eine Konzeption von Ardennes aus dem Jahre 1948 zurück. Mit diesem System war es zu Beginn der sechziger Jahre erstmals möglich, Massenspektren positiver und negativer Ionen von organischen Molekülen im Routinebetrieb zu erhalten. Mit den Negativionen-Massenspektren wurde in der organischen Analytik die Bestimmung von Molekularmassen auch polarer organischer Naturstoffe (z. B. Steroidglykoside, Alkaloide) möglich, sofern diese verdampfbar waren. Insbesondere die Arbeitskreise von Schreiber und Adam (Gatersleben/Halle) haben die Einführung der EA-Massenspektrographie, speziell für naturstoffchemische Probleme, in den sechziger Jahren gefördert.
Das Prinzip der von von Ardenne entwickelten Duoplasmatron-Ionenquelle beruht darauf, dass die von einem Filament (Tantal) emittierten Primärelektronen durch Stöße mit einem Edelgas (Argon) „gebremst“ werden und die so erzeugten „langsamen“ (thermischen) Elektronen sich an ein Molekül in der Gasphase anlagern können. Diese mit niedrigen Anregungsenergien entstehenden [M]–· – oder [M-H]–-Ionen zeigen in vielen Fällen keine weitere Fragmentierung oder sie zerfallen in charakteristische, stabile „Schlüsselionen“. Folgende Bildungsprozesse negativer Ionen kommen dabei zum Tragen:
Resonanzanlagerung:
AB + e -> AB-·
Elektroneneinfang und Fragmentierung:
AB + e -> A– + B·
Ionenpaarbildung:br /> AB + e -> A+ + B– + e
Die in der EA-Ionenquelle gebildeten Ionen wurden nach Extraktion aus der Quelle mit 40 kV beschleunigt. Die Ionentrennung erfolgte mittels Magnetfeldanalysator („Herzog-Mattauch-Geometrie“); detektiert wurden die Ionen auf einer Photoplatte. Das so erhaltene Massenspektrum wurde photometrisch aufgezeichnet und die einzelnen m/z-Werte über die Referenzmassen Ar2+· (m/z 80, positive Ionen) und I–· (m/z 127, negative Ionen) berechnet.
Der Elektronenanlagerungsmassenspektrograph wurde 1969 am „Institut für Biochemie der Pflanzen (IBP) der Akademie der Wissenschaften der DDR“ in Halle installiert und war bis 1991 in Betrieb (längste Betriebsdauer der insgesamt vier gebauten Geräte). In diesem Zeitraum wurden am IPB Halle etwa 22.000 Massenspektren für die Institute auf dem heutigen Weinberg-Campus aufgenommen. Der Anschaffungspreis des Gerätes lag 1969 bei ca. 360.000 DDR-Mark.
Literatur:
M. von Ardenne, K. Steinfelder und R. Tümmler: Elektronenanlagerungsmassenspektrographie organischer Substanzen, Springer-Verlag, Berlin (1971).
H. Budzikiewicz: Massenspektrometrie negativer Ionen. Angew. Chem. 93, 635-649 (1981).
J. H. Bowie: The formation and fragmentation of negative ions derived from organic molecules. Mass Spectrom. Rev. 3, 161-207 (1984).
Bildauswahl und Text von Dr. Jürgen Schmidt, Halle
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