35. DGMS-Jahrestagung in Heidelberg 2002

Am Deutschen Krebsforschungszentrum, DKFZ, in Heidelberg trafen sich vom 3. bis 6. März anläßlich der 35. Diskussionstagung der Deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie, DGMS, dieses Jahr rund 300 Teilnehmer, um sich über die neuesten Entwicklungen im Bereich der Massenspektrometrie auszutauschen.

Der Tagungsband listete mit 34 frei angemeldeten Vorträgen und 99 Postern eine rekordverdächtige Anzahl wissenschaftlicher Beiträge.

Unmittelbar vor der eigentlichen Tagung wurden von der DGMS kostenfrei zwei zeitlich parallele Workshops für die Tagungsteilnehmer angeboten, die jeweils unter Beteiligung weiterer Referenten von J. S. Becker (Forschungszentrum Jülich) über “Neue Entwicklungen in der anorganischen Massenspektrometrie” und von M. Wilm (EMBL Heidelberg) über “Data Postprocessing” gehalten wurden.

Nach der Begrüßung durch den Organisator der Tagung, W. D. Lehmann (DKFZ Heidelberg), und den DGMS-Vorsitzenden, J. Grotemeyer (Universität Kiel), gab H. F. Grützmacher (Universität Bielefeld) mit dem Wolfgang Paul-Vortrag “Clusterionen in Ionenfallen” den Auftakt zur Tagung. Mit dieser Anerkennung seiner Beiträge zur Massenspektrometrie reihte sich Grützmacher als Sechster in die Liste der geehrten Forscherpersönlichkeiten. Er zeigte, daß sich die von Wolfgang Paul entwickelten Ionenfallen hervorragend zum Studium der Bildung, Eigenschaften und Reaktionen von Clusterionen eignen. Paul selbst mochte die Bezeichnung “Ionenfalle” übrigens nicht; er zog den Begriff “Ionenkäfig” vor, der die Funktion dieser Systeme wesentlich treffender wiedergibt. Indem Grützmacher über eigene Untersuchungen an zwei sehr unterschiedlichen Clusterionen-Typen berichtete, nämlich über Kohlenstoffclusterionen Cn+ mit n = 10 – 36 und über protonengebundene Dimere der Carboxamide und Amine, machte er die Leistungsfähigkeit und die einzigartigen Möglichkeiten dieser Technik deutlich.

Die weiteren wissenschaflichen Hauptvorträge wurden von M. Karas (Universität Frankfurt) “Konkurrenz belebt das Geschäft – Aktuelle Entwicklungen in der MALDI Tandem MS” (Abb. 1), J. Leary, (University of California, Berkeley) “The Role of Mass Spectrometry in Multiplex Screening of Enzyme Inhibitors and Associated Enzyme Kinetics”, H. Langen (Roche, Basel) “Proteomics in Pharmaceutical and Diagnostic Research” und K. G. Heumann (Universität Mainz) “Massenspektrometrische Isotopenverdünnungsanalyse – Ein Werkzeug zur richtigen Bestimmung von Elementspuren und Elementspezies” gehalten.

Die mit EMBL, DKFZ, ZMBH und BZH sowie medizinischen und pharmazeutischen Instituten sehr stark biochemisch ausgerichtete Forschungsumgebung in Heidelberg drückte der Tagung unverkennbar ihren Stempel auf. Unter den biochemischen Anwendungen der matrix-unterstützten Laserdesorption/Ionisation (MALDI) und der Elektrospray Ionisation (ESI) erwies sich der Themenbereich “Proteomics” als der aktuelle Schwerpunkt.

Die diesjährigen Wolfgang Paul-Förderpreise wurden als Promotionspreise an N. Demuth (Universität Mainz) für ihre Arbeit zum Einsatz der Isotopenverdünnungsanalyse zur Bestimmung von Methylquecksilber und an H. Steen (Universität Odense, Dänemark) für seine Arbeit zur Analyse von Proteinmodifikationen verliehen.

In Anerkennung ihrer herausragenden wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Strukturanalytik von Glycokonjugaten ehrte die DGMS J. Peter-Katalinic mit dem Applied-Biosystems-Life-Science-Preis 2002.

Mit seiner lockeren Plauderei, gewürzt mit einer kurzen Lesung aus einem seiner Theaterstücke, verstand es Carl Djerassi über “Sex und Befruchtung im Zeitalter der Technischen Reproduktion” zu reden und diesen auch ethisch komplexen Themenbereich zu beleuchten (Abb. 2). Und ganz nebenbei schrieb er uns Forschern noch eine Anmerkung ins Laborjournal: “Uns interessiert eigentlich nur eins – die Meinung unserer Kollegen. Wir vernachlässigen aber, dem breiten Publikum zu erklären, was wir tun – und das in einer Sprache die allgemein verständlich ist”.

Auch der gesellschaftlichen Rahmen dieser für Massenspektrometriker maßgeblichen Tagung hatten W. D. Lehmann und sein Team ansprechend gestaltet. Die bewährte Bewirtung mit Bier und Brezeln ließ die Postersession angeregt und locker stattfinden. Den Montag Abend gestaltete W. E. Hull (DKFZ Heidelberg) mit einem eigens für den Anlaß zusammengestellten Klavierkonzert. Er brachte virtuos Werke von Komponisten zu Gehör, deren Anfangsbuchstaben zusammengesetzt das Wort “Masse” ergaben (Abb. 3). Den gesellschaftlichen Abschluß fand die Tagung bei einer Soirée in den Räumen des Heidelberger Kunstvereins.

Bei der Mitgliederversammlung während der Tagung zeigte sich, daß der Vorstand der DGMS aus J. Grotemeyer (Kiel), J. R. Wesener (Leverkusen), J. Peter-Katalinic (Münster), J. S. Becker (Jülich) und D. Kuck (Bielefeld) noch einige Arbeit haben wird, um die wissenschaftlich seit jeher solide DGMS auch rechtlich und organisatorisch in einen korrekten Status zu versetzen. In diesem Zusammenhang erging auch die dringende Bitte an die Mitglieder, Adressänderungen und Beitragszahlungen ohne Säumnis abzuwickeln. Ohne die Beiträge (20 €/Jahr) hätte der wissenschaftliche Nachwuchs das Nachsehen, denn einer der großen Posten im Haushalt stellen die Reisekostenzuschüsse für studentische Tagungsteilnehmer.

Wer anstelle dieses persönlichen Rückblicks Einblick in alle Vortrags- und Posterbeiträge haben möchte, kann die Tagungs-Website unter http://www.dgms2002.de besuchen. Die 36. DGMS Diskussionstagung wird organisiert von J. Peter-Katalinic vom  2. bis 5. März 2003 in Münster stattfinden.

 

Michael Karas bei seinem wohlstrukturierten Vortrag über MALDI-MS/MS-Techniken und aktuelle Geräteentwicklungen auf diesem Gebiet.
Carl Djerassi ließt zusammen mit Stephanie Hahner aus seinem Theaterstück.
William E. Hull, Leiter der Zentralen Spektroskopie am DKFZ, ist nicht nur NMR-Spezialist. Sein Klavierkonzert schloß den Montagabend würdig ab.

 

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung.

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

 

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