39. DGMS-Jahrestagung in Mainz 2006

So ganz richtig ist der Titel dieses Artikels nicht, denn genaugenommen fand Anfang März 2006 in Mainz die “39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Massenspektromtrie (DGMS) gemeinsam mit dem 20. ICP-MS Anwendertreffen sowie dem 7. Symposium über massenspektrometrische Verfahren der Elementspurenanalyse” statt.

Doch zugegeben, hätten Sie bei diesem Mammuttitel überhaupt noch angefangen zu lesen? Aber nun wissen Sie es ja. Für die Tagung an sich bedeutete diese erstmalige Zusammenlegung einen enormen Zuwachs in jeder Hinsicht. Fast 500 Teilnehmer brachten neben 200 Postern noch 52 angemeldete Vorträge in den wissenschaftlichen Rahmen aus fünf Plenar- und sechs Keynote-Vorträgen ein. Dazwischen fanden die Lunch-Seminare mehrerer der insgesamt 30 ausstellenden Firmen und die DGMS-Mitgliederversammlung statt. Um das alles unterzubringen, wurde wie erstmals im vergangen Jahr in Rostock wieder mit zwei Parallelsessions gearbeitet.

Unmittelbar vor der Tagung am Sonntagnachmittag wurden vier Workshops angeboten, die die Themenfelder “Ortsaufgelöste direkte Verfahren mit SIMS und Laser-MS”, “Felddesorptions-Massenspektrometrie: Grundlagen, Anwendungen und neueste Entwicklungen”,  “Bioinformatik in Proteomics, Glycomics und Metabolomics” sowie “Grundlagen der Fragmentierungsmechanismen organischer und bioorganischer Ionen” bedienten. Im Schnitt nutzten je rund 30 Teilnehmer die gut dreistündigen Angebote zur Weiterbildung.

Klaus Heumann begrüßt die Tagungsteilnehmer.

Wissenschaftliches Programm

Mit dem Wolfgang-Paul-Vortrag als wisenschaftlichem Auftakt wurde in diesem Jahr Gary M. Hieftje (Indiana University, Bloomington) geehrt, der eine Vielzahl von beeindruckenden Entwicklungen im Bereich der Ionenquellen vorstellte. So gelang es der Gruppe, das Eluat einer LC-Säule auf ein ESI-Interface einerseits und eine ICP-Ionenquelle andererseits zu splitten und dann synchron aber örtlich versetzt in das gleiche Flugzeitmassenspektrometer zu führen. Damit können die mit der ICP-MS detektierten Schweratome eindeutig dem Herkunftsprotein zugeordnet werden. Eine weitere Entwicklung war eine AP-GD-Quelle, die anders als bei Glow Discharge üblich, nicht nur Atomionen, sondern bei geeigneten Betriebsbedinungen auch Quasimolekülionen organischer Moleküle liefern kann.

Gary M. Hieftje (Indiana University, Bloomington)

Die weiteren Hauptvorträge wurden gehalten von Helmut Schwarz (TU Berlin) “Gas Phase Catalysis by Atomic and Cluster Metal Ions: Challenges for and Opportunities in Contemporary Mass Spectrometry”; Elmar K. Jessberger (Universität Münster) “Einsatz und Anwendungen der Massenspektrometrie im Weltraum”; Norbert Jakubowski (Institute for Analytical Sciences, Dortmund) “Plasma-Massenspektrometrie – Neue Werkzeuge für die Festkörperanalytik” und schliesslich Michael L. Gross (Washington University, St. Louis) “Research in Proteomics: Exploring Protein-Ligand Interactions and Searching for the Peptide Antigen that causes Type I Diabetes”.

Elmar K. Jessberger (Universität Münster): “Wir können also dasitzen und (mit unserem Massenspektrometer) schauen wie die Welt funktioniert.”

Michael L. Gross (Washington University, St. Louis)

Trends und Entwicklungen

Der Einzug der elementmassenspektrometrischen Methoden, insbesondere von ICP-MS und LA-ICP-MS, in die Bioanalytik geht weiter voran. So lassen sich Einblicke in die Rolle schwerer Elemente bei biologischen Prozessen, seien sie natürlicher Herkunft oder Folge von Umwelt- oder Arbeitsplatzbelastungen, gewinnen.

Unter den zahlreichen instrumentellen Neuerungen ist sicher die sogenannte Orbitrap von Thermo Electron die größte Neuerung, nutzt das Gerät doch ein neues Konzept zur Massenanalyse. Das als LTQ-Orbitrap vermarktete Gerät füllt sowohl aufgrund seiner Leistungsdaten wie auch preislich die Lücke zwischen TOF und FT-ICR Analysatoren.

Auf allgemeines Interesse stiessen auch Beiträge zur präparationsfreien Oberflächenanalytik, nämlich zum einen Direct Analysis in Real Time (DART), eine Entwicklung von Robert Cody und James A. Laramee bei  JEOL, zum anderen Desorption Electrospray Ionisation (DESI), das in der Gruppe von R. Graham Cooks entwickelt wurde. Hier steht die Entwicklung ausserhalb der Erfindergruppen aber noch am Anfang.

Preisverleihungen

Der Applied-Biosystems-Life-Science-Preis 2006 wurde an Bernhard Spengler (Justus-Liebig-Universität Gießen) für seine Beiträge zur Entwicklung von massenspektrometrischen Methoden und Instrumentierungen vergeben. Besonderes Augenmerk lenkt die Gruppe derzeit auf MALDI-Imaging und die Analyse von Aerosolpartikeln.

Bernhard Spengler (Justus-Liebig-Universität Gießen) erhält den Applied-Biosystems-Life-Science-Preis 2006 von der Jury-Vorsitzenden Jasna Peter-Katalinic.

Der Mattauch-Herzog Förderpreis wurde Christoph A. Schalley (FU Berlin) für seine Arbeiten über Bildung, Strukturen und Reaktionen supramolekularer Assoziate in der Gasphase verliehen, die mittels ESI-FT-ICR-MS betrieben werden.

Christoph A. Schalley (FU Berlin) erhält den Mattauch-Herzog Förderpreis.

Die Wolfgang-Paul-Studienpreise wurden in Form zweier Promotionspreise überreicht an Jessica Loos (Diss. bei Helmut Schwarz, TU Berlin) für ihre Arbeit über dissoziative Photoionisation von Carboxamiden mit Synchrotonstrahlung und an Katharina Koch (Diss. bei Hansgeorg Schnöckel, Uni Karlsruhe) für ihre FT-ICR massenspektrometrischen Untersuchen an metalloiden Clustern. Den entsprechenden Diplompreis erhielt Sebastian George (Diplom bei D. Frekers, Uni Münster) für seine innovative Anwendung der Ramsey-Methode zur Verbesserung der Präzisionsmassenmessung in Penningfallen. Die Bedeutung dieser Arbeit wurde darüber hinaus betont durch einen Keynote-Vortrag des Preisträgers in der Vortragssitzung über physikalische und physikalisch-chemische Untersuchungen.

Eine Ehre, auf die man sich nicht bewerben kann, wurde Hans-Friedrich Grützmacher (Uni Bielefeld) und Jochen Franzen (Bruker Daltonik GmbH, Bremen) zuteil, denn sie wurden mit der Ehrenmedaille der DGMS für ihr herausragendes langjähriges Engagement zum Wohle der Gesellschaft ausgezeichnet.

Hans-Friedrich Grützmacher (Uni Bielefeld) und Jochen Franzen (Bruker Daltonik GmbH, Bremen) erhalten die Ehrenmedaille der DGMS.

Social Events

Die “Social Events” (man fasst darunter nette, gesellige Stunden für Tagungsteilnehmer und ggf. vorhandene Begleitpersonen zusammen) waren allesamt sehr positiv zur verbuchen: Am Sonntagabend bot ein Empfang in der Alten Mensa Gelegenheit zu wissenschaftlichem Austausch oder einfach nur Smalltalk bei allerlei Häppchen und Happen und einem guten Tropfen. Der Wein, das brachte der Tagungsort Mainz fast zwangsläufig mit sich, spielte auch bei der ersten abendlichen Postersession eine Rolle. Vor dem Postermarathon bei Wein und Brezeln gab Leo Gros (Europa-Fachhochschule Fresenius) allerlei feinsinnige, tiefsinnige und unsinnige Gedanken aus Chemiker- und Dichtermund rund um den vergorenen Rebensaft und seine Auswirkungen zum Besten. Auch das Konferenzdinner im “Proviant-Magazin” in der Mainzer Innenstadt wird allen Teilnehmern sicher in angenehmster Erinnerung bleiben.

Konferenzdinner im “Proviant-Magazin”: mehr als Weck, Worscht un Woi.

Was ich noch zu sagen hätte…

Die aussergewöhnliche Größe der Tagung wurde vom Organiationskommitee aus verschiedenen Gruppen der Universität Mainz unter dem Vorsitz von Klaus Heumann souverän gemeistert. Das macht Lust auf die 40. DGMS-Tagung, die organisiert von Karl-Peter Wanczek vom 11.-14. März 2007 wieder im kleineren Rahmen in Bremen stattfinden wird. Dort besteht auch gleich Gelegenheit, sich zur innerlichen Vorbereitung auf die 18th IMSC (http://www.imsc-bremen-2009.de) in Bremen umzusehen. Eine Bildergallerie zur Tagung, Einblicke in die Aktivitäten der DGMS sowie Infos über die Bewerbung zu den wissenschaftlichen Preisen finden sich auf der völlig neu gestalteten Homepage der Gesellschaft (https://www.dgms.eu).

 

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung.

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

 

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