Die Teilnehmerzahl der 43. Jahrestagung der DGMS vom 7. bis 10. März 2010 in Halle war mit 375 Teilnehmern im Spitzenfeld bisheriger DGMS-Tagungen.
Auch das wissenschaftliche Programm war mit 167 Postern und 42 Kurzvorträgen prall gefüllt. Eingebunden waren diese in einem Rahmen aus sechs attraktiven Plenarvorträgen. Damit boten sich beste Gelegenheiten zu aktivem wissenschaftlichem Austausch. Im Melanchtonianum waren 24 Firmen mit ihren Ständen vertreten und ermöglichten den Teilnehmern Orientierung auf dem dynamischen Markt von Geräten und Methoden. Traditionell wurden vor Tagungsbeginn kurze Workshops angeboten, die auch wieder auf gute Resonanz stießen. So nahmen 14 Besucher an „Elemental Mass Spectrometry and Proteomics“ organisiert von J. Sabine Becker (Jülich), 28 an „Bioaffinity Mass Spectrometry in Life Science and Biomedical Analysis“ unter Leitung von Michael Przybylski (Konstanz) und Michael Glocker (Rostock), 31 an „Computational Mass Spectrometry“ geleitet von Steffen Neumann (IPB Halle) sowie 33 an „Grundlagen der Massenspektrometrie“ unter der Federführung von Dietmar Kuck (Bielefeld) und Mathias Schäfer (Köln) teil.
Tagungseröffnung
Im Audimax der Universität Halle-Wittenberg begrüßte DGMS-Vorsitzender Jürgen Grotemeyer die Tagungsteilnehmer zur 43. Jahrestagung. Auch die örtlichen Organisatoren, Andrea Sinz (Institut für Pharmazie der Uni Halle-Wittenberg) und Jürgen Schmidt (Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie) freuten sich sichtlich, dass die lange Vorbereitung nun in den Beginn der Tagung mündete. Ein Grußwort des Prorektors für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Joachim Ulrich, folgte. Für den kulturellen Teil der Tagungseröffnung sorgte das Streichquartett „Concentus musicus“ mit gelungenen Interpretationen einiger Werke von Händel (Wassermusik), Bach (Air), Mozart, Brahms und Scott Joplin.
Verleihung der Ehrenmedaille der DGMS und Wolfgang-Paul-Vortrag
Die Ehrenmedaille der DGMS verlieh der DGMS-Vorsitzende Jürgen Grotemeyer (Uni Kiel) an Hans-Joachim Dietze (ehem. Forschungszentrum Jülich) für seine Verdienste um die Zusammenführung der MS-Gesellschaften bei der deutschen Wiedervereinigung und um die DGMS. Aufgrund einer Erkrankung seiner Frau konnte er jedoch unglücklicherweise die besondere Ehrung nicht persönlich entgegennehmen. Daher nahm seine langjährige wissenschaftliche Wegbegleiterin J. Sabine Becker die Urkunde und die silberne Medaille mit Namensgravur stellvertretend entgegen.
Den Wolfgang-Paul-Vortrag zur Tagungseröffnung durfte Peter Roepstorff (University of Southern Denmark, Odense) halten. Peter Roepstorff erhielt die Auszeichnung für seine maßgeblichen Beiträge zur Entwicklung der MS hin zu den Biowissenschaften. Seit seinem Einstieg in die MS der Biomakromoleküle zur Frühzeit der FAB-MS hat er das Gebiet massiv bereichert. In seinem Vortrag betonte der bereits auf der 18th IMSC 2009 mit der Thomson Medal Geehrte den Wert gründlicher Spektreninterpretation und mahnte zur Vorsicht gegenüber der bloßen Menge an vollautomatisch erzeugten Proteomics-Daten.
Empfang im Rathhaus
Nach dem Wolfgang Paul-Vortrag war im Rathaus der Stadt Halle ein Empfang für die Tagungsteilnehmer vorbereitet, bei dem Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados die Willkommensrede hielt und kurz ihre Stadt vorstellte. Anschließend wartete ein Buffet auf die Anwesenden.
Plenarvorträge
Die Plenarvorträge wurden gehalten von Julia Laskin (Richland, USA) zum Thema „Soft-Landing of Complex Ions onto Self-Assembled Monolayer Surfaces“; Renato Zenobi (ETH Zürich, Schweiz) „Neue Perspektiven für die on-line-/on-site-Analytik mittels EESI-MS“; Karl Mechtler (Wien, Österreich) „Relative and Absolute Quantification of Protein Complexes“; Hans H. Maurer (Homburg, Saar) „Current Status of Hyphenated Mass Spectrometry in Clinical and Forensic Toxicology“; Landesarchäologe Harald Meller (Halle, Saale) „Die Himmelsscheibe von Nebra und weitere sensationelle Funde aus Sachsen-Anhalt“ sowie Wolf D. Lehmann (DKFZ Heidelberg) „Beruf Massenspektrometrie“. Während die vier erstgenannten Redner die reine Wissenschaft hervorragend bedienten, waren die zwei letztgenannten Plenarvorträge geschichtlichen und kulturellen Themen zuzuordnen. So schilderte Harald Meller die spannende Geschichte von Fund und Bedeutung der rund 3600 Jahre alten Himmelsscheibe. Wolf D. Lehmann sinierte zum Tagungsabschluss über seine persönliche Alptraumfrage „Was machen sie eigentlich beruflich?“ und brachte dabei manchen Aspekt der Arbeit in der MS und der Vermittlung derartigen Tuns an Aussenstehende höchst amüsant auf den Punkt.
Wolfgang-Paul-Preise
Mit dem von Bruker Daltonik gestifteten Wolfgang-Paul-Preis durfte Jury-Vorsitzender Jürgen H. Gross (Universität Heidelberg) drei junge Wissenschaftler für ihre Dissertation bzw. Diplomarbeit auszeichnen. Die mit je 5000 Euro dotierten Promotionspreise erhielten Philipp Grüne „Structure and Reactivity of Metal and Semiconductor Clusters in the Gas Phase“ (Dissertation bei Gerardus Meijer, Fritz Haber-Institut Berlin und Helmut Schwarz, Institut für Chemie, TU Berlin), Bernd Bastian Schaack „The Solid State Formation of Zeolitic Materials Studied by Mass Spectrometry“ (Dissertation bei Wolfgang Schrader und Ferdi Schüth am MPI für Kohlenforschung, Mülheim). Den Diplompreis von 2500 Euro bekam Nicolas Dietl für seine Arbeit „C-H-Bindungsaktivierung durch offenschalige Oxidkationen“ (angefertigt bei Prof. Helmut Schwarz, Institut für Chemie, TU Berlin).
Mattauch-Herzog-Preis
Nach eingehender Diskussion der Jury wurde der Mattauch-Herzog-Preis in diesem Jahr nicht vergeben. Man wolle den Preis, so Jury-Vorsitzender Dietmar Kuck (Uni Bielefeld), auf einem wirklich hohen Niveau halten. Das 12.500 Euro-Preisgeld wird aber von der Stifterfirma für studentische Reisekostenzuschüsse zur Teilnahme an der 19th IMSC 2012 in Kyoto gespendet. Um die gleiche Summe von der DGMS aufgestockt, sollte dies etlichen Studenten die Teilnahme an der IMSC 2012 ermöglichen.
Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften
Zum zweiten Mal verliehen wurde der mit 5000 Euro dotierte von Waters gestiftete Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften. Jürgen Grotemeyer überreichte als Jury-Vorsitzender die Urkunde an Albert J. R. Heck (Bijvoet Center for Biomolecular Research, Utrecht), der die Auszeichnung für seine innovativen Arbeiten zur Untersuchung der dreidimensionalen Struktur von Proteinen empfing. Anschließend führte Albert J. R. Heck in einem Vortrag seine Arbeiten aus, wobei besonders beeindruckte, wie die Gruppe Proteinkomplexen und selbst ganzen Viren Information auf massenspektrometrischem Wege abringt.
Posterpreise
Am Ende der Tagung wurden die drei besten Poster ausgezeichnet. Die Posterpreise erhielten Kevin Pagel (P 64), Bernd Krock (P 75) und Daniel Riebe (P 116) aus den Händen der Jury-Vertreter Klaus G. Heumann und Joachim Wesener. Die Zeitschrift Analytical and Bioanalytical Chemistry, die einen Sonderband basierend auf Tagungsbeiträgen herausgeben wird, stellte für die Gewinner Büchergutscheine im Wert von je 200 Euro aus dem Sortiment des Springer-Verlags bereit.
Tagungsorganisation
Schon 1994 hatte Jürgen Schmidt die Tagung, damals noch unter der Bezeichnung AGMS, in Halle organisiert. Für die 43. DGMS-Tagung hatte sich Andrea Sinz tatkräftig dazugefunden. Den beiden Organisatoren war eine DGMS-Jahrestagung gelungen, die vom musikalischen Auftakt über die Einhaltung des Programms mit Parallelsessions bis hin zum Konferenz-Dinner nicht zuletzt dank eines motivierten Teams aus beiden Gruppen durchweg gelang. Der kurze Fußweg vom Audimax über den Universitätsplatz, der Vorträge mit Workshops, Lunchseminaren, Postern und Firmenständen verband, war den Teilnehmern willkommene Gelegenheit Frischluft oder – je nach Suchtlage Rauch – zu tanken.
Das Konferenzdinner fand in der von der Uni auf kurzem Fußweg zu erreichenden Moritzburg statt. Bei der Ankunft wurden alle mit einem Glühwein im Hof empfangen, wo bereits ein Schwein am Spieß gegrillt wurde. Dann zog die Gesellschaft aus dem verschneiten Hof ins die warmen Kellergewölbe, wo sie vom Personal in barocken Gewändern bewirtet wurde. Dieser Abend wird den Teilnehmern sicher in angenehmer Erinnerung bleiben. Den Kulturbeflissenen wurden nach dem Dinner auch Führungen durch die Kunstausstellung in der Burganlage angeboten.
Kommende DGMS-Jahrestagungen
Für das Jahr 2011 lud Albert Sickmann (ISAS Dortmund) ein. In Dortmund wird die 44. DGMS-Tagung zur Umgehung der Karnevalszeit voraussichtlich eine Woche früher als üblich, also vom 27.2.-2.3.2011, stattfinden.
Im Jahr 2012 soll unsere Tagung erstmals nicht in Deutschland stattfinden. Die polnische massenspektrometrische Gesellschaft hat die DGMS herzlich eingeladen und ihre eigene Tagung extra auf den Termin der DGMS verlegt, um mit uns 2012 voraussichtlich in Poznan zusammen zu tagen.
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>>> Tagungsband
Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg