47. DGMS-Jahrestagung in Frankfurt/Main

Zur 47. Jahrestagung der DGMS in Frankfurt am Main trafen sich vom 2. bis 5. März 2014 deutlich über 400 MassenspektrometrikerInnen an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität auf dem Campus Riedberg im Norden der Stadt.

Sie hatten 171 Poster und 51 angemeldete Vorträge im Gepäck, die sich in ein Rahmenprogramm aus sechs eingeladen Vorträgen fügten. Um alle Vorträge angemessen unterzubringen, wurden dafür wieder drei Parallelsessions arrangiert. Die Vorträge und Firmenausstellung fanden im Otto-Stern-Zentrum statt, dessen moderne Hörsäle großzügig Platz boten. Der Wolfgang-Paul-Vortrag und die Poster Session wurden im benachbarten Biozentrum abgehalten. In den Mittagspausen am Montag und Dienstag bestand die Möglichkeit, weitere MS-Inhalte während der Lunchseminare zu assimilieren, von denen insgesamt acht von großen wie kleinen Unternehmen der MS-Branche an den beiden Tagen offeriert wurden.

Otto-Stern-Zentrum
Otto-Stern-Zentrum
Abendliche Poster Session in Biozentrum.
Abendliche Poster Session in Biozentrum.

 

Workshops

Schon vor der Tagungseröffnung wurden wieder dreistündige Workshops angeboten.

Die Themen dieser immer gut angenommenen Veranstaltungen der DGMS waren „MALDI Imaging Präparationstechniken“ (Bernhard Spengler und Andreas Römpp, Universität Gießen), „Zur Kompatibilität von MS und Chromatographie“ (Rainer Wolf und Stefan Lamotte, BASF Ludwigshafen) sowie „Ion Mobility-MS“ (Andreas Springer und Kevin Pagel, Freie Universität Berlin).

Tagungsauftakt

Begrüßt wurden die Teilnehmer am Sonntag Abend durch den DGMS-Vorsitzenden Michael Linscheid (Humboldt-Universität Berlin), Enrico Schleiff (Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt) und Thomas Prisner (Dekan des Fachbereichs Biochemie, Chemie und Pharmazie der Goethe-Universität). Enrico Schleiff betonte die Bedeutung der MS auch für sein Gebiet, die Biologie, und arbeitete die Unterschiede in den Herangehensweisen von Massenspektrometrikern und Biologen heraus. „Biologen wollen immer gleich alles wissen“, so Schleiff. Sein Kollege Thomas Prisner ging auf Otto Stern ein, der als Pionier der Molekularstrahltechnik zusammen mit Walther Gerlach das magnetische Dipolmoment der Atome im berühmten Stern-Gerlach-Experiment nachgewiesen hatte und 1943 den Nobel-Preis in Physik erhielt. Nach Otto Stern wurde auch das Hörsaalzentrum benannt, in dem die 47. DGMS-Tagung stattfand – ein sehr passender Ort für diese Tagung.

Der DGMS-Vorsitzende Michael Linscheid (HU-Berlin) eröffnet die 47. DGMS-Tagung.
Der DGMS-Vorsitzende Michael Linscheid (HU-Berlin) eröffnet die 47. DGMS-Tagung.
Grußworte von Enrico Schleiff (Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt).
Grußworte von Enrico Schleiff (Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt).

 

Wolfgang-Paul-Vortrag

Der wissenschaftliche Tagungsauftakt erfolgte mit dem Wolfgang-Paul-Vortrag. Mit dieser Ehrung als Eröffnungsredner wurde 2014 Frantisek Tureček (University of Washington, Seattle, WA) ausgezeichnet. Er reihte sich damit als 18. Redner in die Reihe von hochkarätigen Vortragenden, die seit 1997 von der DGMS ausgewählt wurden. Tureček hat eine bewegte wissenschaftliche Laufbahn, die ihn 1987 aus der heutigen Tschechischen Republik über einen Forschungsaufenthalt bei Fred McLafferty 1995 schließlich als Professor an seine aktuelle Wirkungsstätte in Seattle brachte. In seinem Vortrag „New Discoveries with Peptides, Collisions, Electrons and Photons” präsentierte er seine umfangreichen Arbeiten zu mechanistischen Aspekten der Electron Capture Dissociation (ECD) und Electron Transfer Dissociation (ETD) ein, beides wichtige Methoden zur Sequenzierung von mehrfach geladenen makromolekularen Ionen.

Frantisek Tureček (University of Washington, Seattle, WA) beim Wolfgang-Paul-Vortrag.
Frantisek Tureček (University of Washington, Seattle, WA) beim Wolfgang-Paul-Vortrag.
Michael Linscheid (rechts) überreicht die Urkunde für den Wolfgang-Paul-Vortrag an Frantisek Tureček.
Michael Linscheid (rechts) überreicht die Urkunde für den Wolfgang-Paul-Vortrag an Frantisek Tureček.

 

Plenarvorträge

Die Plenarvorträge der Frankfurter Tagung deckten verschiedene Themengebiete der MS  ab. Die Life Science-MS wurde mit den Vorträgen „Massenspektrometrie von modifizierten Ribonukleinsäuren“ von Kathrin Breuker (Universität Innsbruck, Österreich) und “Structural Analysis of Proteins in their Native Environments (by Mass Spectrometry), Fact or Fiction?” von Juri Rappsilber (University of Edinburgh, Großbritannien) abgedeckt. Scott McLuckey (Purdue University, West Lafayette, IN) wendete sich mit seinem Vortrag “Expanding the Gas-Phase Chemical Laboratory via Ion/Ion Chemistry” der praktischen Anwendung von Ionenchemie in der Gasphase zu. Gérard Hopfgartner (Université de Genève, Schweiz) „Integrated Quantitative and Qualitative Analysis using High-Resolution Mass Spectrometry“ diskutierte grundlegende Aspekten bei der Analyse von Gemischen und verglich verschiedene instrumentelle Konzepte und Betriebsmodi. Axel Pramann (PTB Braunschweig) schilderte mit seinem Vortrag „Avogadro’s number revisited using MC-ICP-MS: measurement of the isotopic composition of silicon” die Komplexität der exakten Bestimmung von Mol und Kilogramm.

Kathrin Breuker (Universität Innsbruck, Österreich) wird beim Vortrag dynamisch.
Kathrin Breuker (Universität Innsbruck, Österreich) wird beim Vortrag dynamisch.
Scott McLuckey (Purdue University, West Lafayette, IN) spricht über praktische Anwendung von Ionenchemie in der Gasphase.
Scott McLuckey (Purdue University, West Lafayette, IN) spricht über praktische Anwendung von Ionenchemie in der Gasphase.

Ein Vortrag ist traditionell außerhalb der MS angesiedelt. Hier verbanden Theo Dingermann und Ilse Zündorf (beide Fachbereich Biochemie, Chemie und Pharmazie der Goethe-Universität) knallharte Wissenschaft aus Pharmakologie und Virologie mit der Vita des an Aids verstorbenen Rockmusikers Freddie Mercury und seiner außergewöhnlichen Musik in einen eindrücklichen Vortrag.

Zum Abschluss der Tagung nahm Wolf-Dieter Lehmann (DKFZ Heidelberg) die „MassspectrOMICS“ ins Visier und stellte allerlei feinsinnige, humoristische aber immer präzise den Kern des Themas treffende Überlegungen an. Er hinterfragte kritisch die sich einschleichende sprachliche Vernebelung in den vielfältigen OMICs und die Abtretung wissenschaftlicher Kompetenz an Suchalgorithmen und Fehlertoleranzen. Sein Beitrag erntete ausgiebigen Applaus.

Der lokale Organisator, Michael Karas, bei einer Ansage.
Der lokale Organisator, Michael Karas, bei einer Ansage.

 

Theo Dingermann erläutert die Tücke der Bekämpfung von HIV.
Theo Dingermann erläutert die Tücke der Bekämpfung von HIV.
Wolf-Dieter Lehmann (DKFZ Heidelberg) seziert die OMICs.
Wolf-Dieter Lehmann (DKFZ Heidelberg) seziert die OMICs.

Wolfgang-Paul-Preise

Die mit je 5000 Euro dotierten Wolfgang-Paul-Preise für Dissertationen erhielten auf der Frankfurter DGMS-Tagung Dr. Hannes Hahne (Dissertation bei Bernhard Küster, TU München) für seine  Arbeit „Studies towards the proteome-wide detection, identification and quantification of protein glycosylation” und Robert Wolf (Dissertation bei Lutz Schweikhard, Univ. Greifswald sowie Prof. H. Jürgen Kluge, GSI Darmstadt) für seine Arbeit „First on-line applications of a multi-reflectron TOF mass separator at ISOLTRAP and the mass measurement of 82Zn”. Der Diplom-Preis von 2500 Euro ging an René Becker (Diplomarbeit bei Michael Linscheid, Humboldt Univ. Berlin) mit seiner Arbeit  über „Substratscreening mit MeCAT – Ein Vergleich von Strategien zur relativen Proteinquantifizierung“.  Allen drei Preisträgern gratulierten Arnd Ingendoh im Namen der Stifterfirma Bruker Daltonik und der Jury-Vorsitzende Jürgen Gross (Universität Heidelberg) ganz herzlich.

Die Verleihung der Wolfgang-Paul-Preise. Von links stehen der DGMS-Vorsitzende Michael Linscheid, die Preisträger Hannes Hahne, Robert Wolf und René Becker, der Jury-Vorsitzende Jürgen Gross und Arnd Ingendoh (Bruker Daltonik). (Bild Lutz Schweikhard, Universität Greifswald).
Die Verleihung der Wolfgang-Paul-Preise. Von links stehen der DGMS-Vorsitzende Michael Linscheid, die Preisträger Hannes Hahne, Robert Wolf und René Becker, der Jury-Vorsitzende Jürgen Gross und Arnd Ingendoh (Bruker Daltonik). (Bild Lutz Schweikhard, Universität Greifswald).

 

Agilent Research Summer

Vor der Verleihung des Agilent Research Summer 2014 forderten Ralf Falter und Volker Gnau von der Stifterfirma Agilent noch einmal alle Doktoranden auf, auch für sich die Möglichkeit einer Forschungsförderung in der Art eines etwa zweimonatigen Aufenthalts in den Applikationslabors der Stifterfirma abzuwägen und sich um diese Chance zu bewerben. Als Preisträgerin 2014 wurde Wiebke Nadler (DKFZ Heidelberg) ausgezeichnet, die somit im kommenden Sommer mit den Geräten in Waldbronn arbeiten darf. Der Jury-Vorsitzende Wolfgang Schrader (MPI für Kohleforschung, Mühlheim) überreichte die Urkunde an die diesjährige Preisträgerin. Von ihren Ergebnissen im vergangen Jahr berichtete Isabelle Möller (Universität Münster) nach der Preisverleihung.

Von links stehen Ralf Falter und Volker Gnau (Agilent, Waldbronn), Preisträgerin 2014, Wiebke Nadler (DKFZ Heidelberg), die Preisträgerin 2013, Isabelle Möller (Universität Münster) und Jury-Vorsitzender Wolfgang Schrader.
Von links stehen Ralf Falter und Volker Gnau (Agilent, Waldbronn), Preisträgerin 2014, Wiebke Nadler (DKFZ Heidelberg), die Preisträgerin 2013, Isabelle Möller (Universität Münster) und Jury-Vorsitzender Wolfgang Schrader.

 

Mattauch-Herzog-Förderpreis

Der Mattauch-Herzog-Förderpreis wird an Wissenschaftler unter 40 Jahren vergeben, die mit eigenen Arbeiten markante Beiträge zur Entwicklung der Massenspektrometrie leisten. Als Träger des Mattauch-Herzog-Förderpreises 2014 wurde der aus Leningrad stammende Physiker Yuri A. Litvinov (GSI Darmstadt) ausgezeichnet. Litvinov hat bereits umfangreiche internationale Erfahrung gesammelt. Mit seinen Arbeiten zur zeitaufgelösten Schottky-Massenspektrometrie hatte er die Jury überzeugt. Ziel dieser Untersuchungen an einem Teilchenbeschleuniger ist es, die Masse von exotischen Kernen, die oft nur bei einem einzigen Ereignis auftreten, aus ihren Umlaufzyklen im Speicherring zu ermitteln. Damit konnte die Preissumme von 12500 € der Stifterfirma Thermo Fisher Scientific 2014 wieder einem Preisträger zufließen, was Michael Linscheid als Vorsitzenden der Jury bei der Verleihung erfreute. Der Scheck wurde von Thomas Moehring (Thermo Fisher Scientific) überreicht.

Yuri A. Litvinov (GSI Darmstadt) freut sich über einen richtig großen Scheck. Links Thomas Moehring (Thermo Fisher Scientific), rechts Michael Linscheid.
Yuri A. Litvinov (GSI Darmstadt) freut sich über einen richtig großen Scheck. Links Thomas Moehring (Thermo Fisher Scientific), rechts Michael Linscheid.

 

Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften

Matthias Selbach (Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin, Berlin) wurde mit dem „Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften“ ausgezeichnet. Der von Waters mit 5000 Euro dotierte Preis wurde ihm von der Jury unter Vorsitz von Wolf-Dieter Lehmann (DKFZ Heidelberg) verliehen. Der „Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften“ ist der einzige Preis der DGMS, um den man sich nicht selbst bewerben kann. Selbach nutzt die MS, um Proteine zu quantifizieren und damit die Signalweitergabe in Zellen zu entschlüsseln. Schwerpunkt seiner Arbeit sind posttranskriptionale Regulation der Genexpression durch mikroRNAs und Protein-Protein-Wechselwirkungen bei neurodegenerativen Erkrankungen. Die wichtigsten Werkzeuge im Labor sind  LC-MS/MS und SILAC.

Matthias Selbach (mitte) erhält den Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften von Wolf-Dieter Lehmann (rechts) und Michael Desor (Waters, links).
Matthias Selbach (mitte) erhält den Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften von Wolf-Dieter Lehmann (rechts) und Michael Desor (Waters, links).
Großer Dank galt einem Team, das die Tagung am Laufen hielt.
Großer Dank galt einem Team, das die Tagung am Laufen hielt.
Michael Karas dankte ganz explizit Ute Bahr und Kathrin Cartsburg mit Blumen für ihr Organisationstalent, das maßgeblich zum reibungslosen Verlauf der Veranstaltung beitrug.
Michael Karas dankte ganz explizit Ute Bahr und Kathrin Cartsburg mit Blumen für ihr Organisationstalent, das maßgeblich zum reibungslosen Verlauf der Veranstaltung beitrug.

 

DGMS-Tagung in Wuppertal

Die 48. Jahrestagung der DGMS wird vom 1. bis 4. März 2015 im neuen Audimax der Bergischen Universität Wuppertal stattfinden. Sie wird gemeinsam von Wolfgang Schrader (MPI für Kohleforschung Mülheim) und Thorsten Benter (Bergische Universität Wuppertal) und organisiert.

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung.

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

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