48. DGMS-Jahrestagung in Wuppertal

Die 48. Jahrestagung der DGMS fand vom 1. bis 4. März 2015 an der Bergischen Universität Wuppertal statt. Dort trafen sich rund 360 MassenspektrometrikerInnen, um sich anhand von 130 Postern und 80 angemeldeten Vorträgen über ihr Fachgebiet auszutauschen.

Im Bereich der Poster-Ausstellung waren auch 22 Firmen der Branche mit ihren Ständen vertreten, um über etablierte und neue Produkte zu informieren. Den Rahmen der Tagung bildeten sieben Plenarvorträge, einige Preisverleihungen und die Mitgliederversammlung der DGMS. Damit eine möglichst große Zahl von angemeldeten Vorträgen im Programm aufgenommen werden konnte, wurde dieser Teil der Tagung in drei Parallelsessions abgehalten. Zudem bestand in der Mittagszeit am Montag und Dienstag die Möglichkeit, eines der insgesamt sieben Lunchseminare zu besuchen. Neu war die Verfügbarkeit einer Tagungs-App, die Smartphone- und Tablett-Nutzern praktische Information an die Hand lieferte.

Wahrzeichen der Stadt: Wuppertaler Schwebebahn.
Wahrzeichen der Stadt: Wuppertaler Schwebebahn.

Workshops

Auch in Wuppertal wurden sonntags unmittelbar vor der Tagung wieder dreistündige Workshops angeboten. Die Themen dieser generell gut besuchten DGMS-Veranstaltungen waren dieses Mal „Ionisation unter Atmosphärendruck“ (Hendrik Kersten, Thorsten Benter, beide von der Bergischen Universität Wuppertal und Tiina Kauppila, Universität Helsinki) sowie „Lipidomics und Lipidanalytik“ (Robert Ahrends, ISAS Dortmund, und Dominik Schwudke, Forschungszentrum Borstel).

Thorsten Benter (Bergische Universität Wuppertal) erläutert die Unterschiede zwischen Ionisationsprozessen in Vakuum und unter Atmosphärendruck.
Thorsten Benter (Bergische Universität Wuppertal) erläutert die Unterschiede zwischen Ionisationsprozessen in Vakuum und unter Atmosphärendruck.

Tagungsauftakt

Am Sonntagabend wurde die Tagung durch den DGMS-Vorsitzenden Michael Linscheid (Humboldt-Universität Berlin), Michael Scheffel (Prorektor der Bergischen Universität Wuppertal) und die lokalen Organisatoren der Tagung eröffnet. Die 48. DGMS-Jahrestagung hatten Thorsten Benter (Bergische Universität Wuppertal) und Wolfgang Schrader (MPI für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr) gemeinsam organisiert.

Grußworte von Michael Scheffel (Prorektor der Bergischen Universität Wuppertal).
Grußworte von Michael Scheffel (Prorektor der Bergischen Universität Wuppertal).
Von links: Wolfgang Schrader (MPI für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr) und Thorsten Benter (Bergische Universität Wuppertal) begrüßen die Tagungsbesucher.
Von links: Wolfgang Schrader (MPI für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr) und Thorsten Benter (Bergische Universität Wuppertal) begrüßen die Tagungsbesucher.
Die Organisatoren dankten gleich zu Beginn ihrem emsigen Team, ohne das die Tagung nicht zu machen gewesen wäre.
Die Organisatoren dankten gleich zu Beginn ihrem emsigen Team, ohne das die Tagung nicht zu machen gewesen wäre.

Wolfgang-Paul-Vortrag

Der erste wissenschaftliche Vortrag der Tagung wurde von Cathy Costello (Boston University, Boston, MA) in der Reihe der Wolfgang-Paul-Vorträge gehalten. Die Einladung zur dieser Vortragsreihe versteht die DGMS als Ehrung. Costello fügte sich als Neunzehnte in die Reihe der seit 1997 eingeladenen Wolfgang-Paul-Vortragenden. Das wissenschaftliche Werk von Cathy Costello ist umfassend. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Methodenentwicklung für neue Anwendungen in der Glycobiologie. Kohlenhydrate und deren Konjugate, z.B. Glycoproteine und Glycolipide, sind essentiell für die Erkennungsprozesse des Immunsystems, das Nervenwachstum, Infektionsprozesse oder auch die Reaktion auf Parasiten. Seit Sommer 2014 ist Costello auch Präsidentin der International Mass Spectrometry Foundation (IMSF), dem Zusammenschluss der nationalen MS-Gesellschaften. In ihrem Vortrag „Midwinter reflections on the progress of biological mass spectrometry” präsentierte Costello einen Überblick über die aktuellen Methoden zur Bestimmung von bioaktiven Peptiden in einzelnen Patienten, Top-down Sequenzierung zur Erkennung von mehrfachen posttranslationalen Modifikationen von Proteinen und Anwendungen der Ionenmobilitätsspektrometrie-MS zur Unterscheidung von Glycoformen. Sie ging auf die Möglichkeiten Ultrahochauflösung für die Zuordnung von Peaks in besonders signalreichen Spektren ein und streifte MALDI-Imaging als Methode zur Untersuchung der örtlichen Verteilung von Komponenten in biologischem Geweben.

Cathy Costello (Boston University, MA) hält den Wolfgang-Paul-Vortrag.
Cathy Costello (Boston University, MA) hält den Wolfgang-Paul-Vortrag.

Plenarvorträge

Von den sieben Plenarvorträgen der Wuppertaler Tagung widmeten sich fünf der MS. Am Montagmorgen hielt Andries Bruins (Universität Groningen, Niederlande) seinen Vortrag „Ionization at atmospheric pressure: why and how“. Damit bediente er den wissenschaftlichen Schwerpunkt der Wuppertaler Arbeitsgruppe und rundete zugleich den API-Workshop vom Vortag inhaltlich ab.

Der Titel „How to speed up high-performance mass spectrometry“ war keineswegs als Frage sondern vielmehr als konkretes Konzept zu verstehen. Yury O. Tsybin (École Polytechnique Fédérale de Lausanne, Lausanne, Schweiz) zeigte die aktuellen Grenzen der FT-ICR-MS und führte seinen Zuhörern das immense Potential noch zu entwickelnder FT-Techniken vor Augen. Denn, so Tsybin, die höhere spektrale Information sei bereits in den Datensätzen existent und müsse nur routinemäßig fassbar gemacht werden.

Eine andere Richtung schlug Jos Oomens (Radboud University Nijmegen) ein, der unter dem Titel „Merging mass spectrometry and IR spectroscopy“ zeigte, wie man mit einem in der Frequenz stimmbaren Hochleistungslaser (FELIX) und einem FT-ICR-Massenspektrometer IR-Spektren von Ionen und Anregungsenergien von Ionenfragmentierungen gewinnen kann.

Bernhard Küster (Technische Universität München) sprach über „Human proteomes: from basic science to understanding drug action“. Dabei betonte er, dass der Unterschied im Proteom verschiedener Gewebe vor allem in der über viele Größenordnungen variierenden Konzentration der Proteine liege.

Peter O’Connor (University of Warwick) trug über „Analysis of protein binding to anticancer metallodrugs“ vor. O’Connor erörterte die Komplexität der Lokalisierung von Bindungsstellen, an denen gängige Pt-, Ru- und Os-basierte Mittel für die Chemotherapie im Organismus angreifen. Auch für diese Analytik spielt FT-ICR-MS/MS eine entscheidende Rolle.

Andries Bruins (Universität Groningen, Niederlande) spricht über API-Interfaces.
Andries Bruins (Universität Groningen, Niederlande) spricht über API-Interfaces.
Yuri Tsybin (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) zeigt innovative Wege, um Peaks weiter "auseinander zu ziehen".
Yuri Tsybin (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) zeigt innovative Wege, um Peaks weiter „auseinander zu ziehen“.
Jos Oomens (Radboud University Nijmegen) diskutiert die IR-Absorption von Ionen in der Gasphase.
Jos Oomens (Radboud University Nijmegen) diskutiert die IR-Absorption von Ionen in der Gasphase.

Zwei weitere Plenarvorträge waren außerhalb der MS angesiedelt. Uwe Schneidewind (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie) diskutierte unter dem Titel „Der Weg wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Politik – oder wie wird Wissenschaft wirksam?“ seine Gedanken über die Wirkung von Wissenschaft auf die gesellschaftliche Entwicklung. Ein wesentlicher Punkt ist seiner Meinung nach die Kommunikation als Schnittstelle von Wissenschaft und Politik.

Zum Abschluss der Tagung lockerte Achim von Keudell (Ruhr-Universität Bochum) mit seinem Vortrag „Plasma in Hollywood“ das Programm auf. Er zeigte anhand einiger Filmszenen und Zitate wie eigenwillig die Interpretation der Physik durch amerikanische Filmemacher erfolgt. Die Anpassung von Handlungen und Aussagen an das niedrigst denkbare intellektuelle Niveau führt oft zu einer argen Verzerrung von wissenschaftlichen Begriffen und Prozessen aber auch zu einem recht abstrusen Bild vom genialen aber auch leicht irren Wissenschaftler.

Achim von Keudell (Ruhr-Universität Bochum) hält seinem Vortrag "Plasma in Hollywood".
Achim von Keudell (Ruhr-Universität Bochum) hält seinem Vortrag „Plasma in Hollywood“.

Wolfgang-Paul-Preise

In diesem Jahr wurden nur die mit je 5000 Euro dotierten Wolfgang-Paul-Preise für Dissertationen vergeben, der Diplom/Masterpreis jedoch auf Entscheidung der Jury hin ausgesetzt. Die Dissertationspreise gingen an Sonja Klee (Dissertation bei Thorsten Benter, Wuppertal, jetzt bei Tofwerk AG, Schweiz) für Ihre Arbeit zum Thema „Charakterisierung und Optimierung von Corona-Mikroplasma initiierten Ionisationsprozessen zur Anwendung in der Atmosphärendruckionisations-Massenspektrometrie“ und an Lukas Fiebig (Dissertation bei Mathias Schäfer, Universität zu Köln, jetzt bei Boehringer Ingelheim Pharma) für seine Dissertation “ Mechanistische Studien zur Mizoroki-Heck- und zur Kobalt(I)-katalysierten Diels-Alder-Reaktion mithilfe massenspektrometrischer Methoden“. Beiden Preisträgern gratulierten Simon Lauter im Namen der Stifterfirma Bruker Daltonik und der Jury-Vorsitzende Michael Mormann (Universität Münster) ganz herzlich. Im Anschluss stellten die Preisträger ihre ausgezeichneten Arbeiten in einem Kurzvortrag vor.

Die Wolfgang-Paul-Preise sind verliehen. Von links stehen der Jury-Vorsitzende Michael Mormann, Preisträger Lukas Fiebig, Simon Lauter (Bruker Daltonik), Preisträgerin Sonja Klee und DGMS-Vorsitzender Michael Linscheid.
Die Wolfgang-Paul-Preise sind verliehen. Von links stehen der Jury-Vorsitzende Michael Mormann, Preisträger Lukas Fiebig, Simon Lauter (Bruker Daltonik), Preisträgerin Sonja Klee und DGMS-Vorsitzender Michael Linscheid.

Agilent Research Summer

Der Agilent Research Summer ermöglicht Doktoranden einen etwa zweimonatigen Aufenthalt in den Applikationslaboren der Stifterfirma, um dort Geräte zu nutzen, die für das Projekt hilfreich, jedoch im eigenen Arbeitskreis nicht verfügbar sind. Für den Preis 2015 hatte die Jury die stolze Zahl von 13 Bewerbungen zu sichten. Da der Jury-Vorsitzende Mario Thevis (Deutsche Sporthochschule Köln) verhindert war, überreichte Jury-Mitglied Wolfgang Schrader (MPI für Kohleforschung, Mühlheim) die Urkunde an den diesjährigen Preisträger, Sascha Lege (Universität Tübingen). Er plant die Durchführung von Messungen in den Laboren von Agilent für sein Projekt „Kopplung von 2D-Flüssigchromatographie und Ionenmobilitätsspektrometrie für das Screening mit hochauflösender Massenspektrometrie“. Als Preisträgerin 2014 stellte Wiebke Nadler (DKFZ Heidelberg) im Anschluss an die Preisverleihung ihre Arbeit „N-Maleoyl amino acids as novel alkylating agents for mass spectrometric detection of cysteine-containing peptides – a complex comparison for complex proteomics“ vor.

Von links stehen DGMS-Vorsitzender Michael Linscheid, Andreas Waßerburger (Agilent, Waldbronn), Preisträgerin 2014, Wiebke Nadler (DKFZ Heidelberg), der Preisträger 2015, Sascha Lege (Universität Tübingen) und Jury-Mitglied Wolfgang Schrader.
Von links stehen DGMS-Vorsitzender Michael Linscheid, Andreas Waßerburger (Agilent, Waldbronn), Preisträgerin 2014, Wiebke Nadler (DKFZ Heidelberg), der Preisträger 2015, Sascha Lege (Universität Tübingen) und Jury-Mitglied Wolfgang Schrader.

Mattauch-Herzog-Förderpreis

Konrad Koszinowski (Universität Göttingen) wurde mit dem Mattauch-Herzog-Förderpreis 2015 ausgezeichnet. Der Preis wird von der DGMS an Wissenschaftler unter 40 Jahren vergeben, die mit eigenen Arbeiten markante Beiträge zur Entwicklung der Massenspektrometrie leisten. Koszinowski erhielt die Auszeichnung für seine Arbeiten zum Einsatz der ESI-MS zur Charakterisierung kurzlebiger Organo-Metall-Verbindungen wie beispielsweise von Grignard-Reagenz oder Organo-Cupraten sowie von Übergangsmetallkatalysatoren. Der Mattauch-Herzog-Förderpreis ist mit 12500 € dotiert, die von Thermo Fisher Scientific zur Verfügung gestellt werden.

Von links stehen nach der Verleihung des Mattauch-Herzog-Förderpreises Michael Linscheid, Preisträger Konrad Koszinowski und Thomas Moehring (Thermo Fisher Scientific).
Von links stehen nach der Verleihung des Mattauch-Herzog-Förderpreises Michael Linscheid, Preisträger Konrad Koszinowski und Thomas Moehring (Thermo Fisher Scientific).

Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften

Gemeinsam wurden Martin von Bergen (Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, Leipzig) und Jana Seifert (Universität Hohenheim) mit dem „Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften“ ausgezeichnet. Der von Waters mit 5000 Euro dotierte Preis wurde ihnen für Ihre Arbeiten über “ Stable isotope labelling and mass spectrometric analysis of peptides allows tracking of isotopic flux in microbial communities“ von der Jury verliehen. Der Jury-Vorsitzende Wolf-Dieter Lehmann (DKFZ Heidelberg) verlieh Urkunden und Schecks zusammen mit Michael Desor (Waters). Der „Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften“ ist ein Vorschlagspreis, d.h. man kann sich nicht selbst bewerben.

Verleihung des Preises für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften. Von links stehen Michael Linscheid, Jana Seifert, Martin von Bergen, Michael Desor und Wolf-Dieter Lehmann.
Verleihung des Preises für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften. Von links stehen Michael Linscheid, Jana Seifert, Martin von Bergen, Michael Desor und Wolf-Dieter Lehmann.

Konferenz-Dinner

Zum Konferenz-Dinner trafen sich die Tagungsbesucher im Wuppertaler Brauhaus, das ein ehemals alt-ehrwürdiges Hallenbad in seinen Brau- und Gastraum umfunktioniert hat. Im früheren Schwimmbecken gibt es nun eine Tanzfläche, die später am Abend von einem Teil der Besucher zu Live-Musik auch intensiv genutzt wurde.

Konferenz-Dinner im Wuppertaler Brauhaus, das in einem ehemaligen Hallenbad seinen Platz gefunden hat. Der blau umrandete Bereich unten war einst das Becken.
Konferenz-Dinner im Wuppertaler Brauhaus, das in einem ehemaligen Hallenbad seinen Platz gefunden hat. Der blau umrandete Bereich unten war einst das Becken.

Posterpreise

Vor der Verabschiedung der Tagungsteilnehmer wurden drei Poster prämiert, die eine Jury während der Tagung ausgewählt hatte. Den Autoren der prämierten Poster überreichte Klaus Heumann (einer der Herausgeber von Analytical and Bioanalytical Chemistry, ABC) einen Gutschein über 200 € für Bücher aus dem Sortiment des Springer-Verlags, bei dem ABC erscheint. Die prämierten Posterautoren waren Christopher Kuhlmann (PII04), Barbara Crone (PI07) und Aleksandra Michalik-Onichimowska (PII27).

49. DGMS-Tagung in Hamburg

Für die 49. Jahrestagung der DGMS geht es in den Norden der Republik, denn die Tagung wird vom 28. Februar bis 2. März 2016 an der Universität Hamburg stattfinden. Als Organisator der Tagung hat sich freundlicherweise Hartmut Schlüter (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) bereitgefunden.

Einladung an die Alster durch Hartmut Schlüter (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf).
Einladung an die Alster durch Hartmut Schlüter (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf).

Zum Downloaden: Tagungsband

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung.

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

 

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