24th International Mass Spectrometry Conference

Die 24th International Mass Spectrometry Conference (IMSC) fand vom 28. August bis 2. September 2022 im niederländischen Maastricht und somit ganz nahe der Grenze zu Deutschland statt.

Auftakt zur 24th International Mass Spectrometry Conference

Im Namen des Organisationskomitees eröffnete Ron Heeren (Univ. Maastricht) die Tagung im Maastrichter Konferenzzentrum (MECC) am Rande des Universitätscampus. Mit einem rhythmischen Auftakt durch die lokale Sambatrommlertruppe Segura! ließen die Organisatoren keine Zweifel daran, dass sie sich eine sehr lebhafte Tagung wünschten. Zusammen mit einem großen Team hatten die leitenden Organisatoren Albert Heck (Univ. Utrecht), Manfred Wuhrer (Univ. Leiden) und Ron Heeren (Univ. Maastricht) diese Tagung auf die Beine gestellt.

Die 24th International Mass Spectrometry Conference (IMSC) fand vom 28. August bis 2. September 2022 in Maastricht organisiert von der Niederländischen MS Gesellschaft (Nederlandse Vereniging voor Massaspectrometrie, NVMS) statt. Seit der 22. IMSC im Jahr 2018 in Florenz waren inzwischen vier Jahre vergangen. Die für 2020 in Rio de Janeiro geplante 23rd IMSC wurde einige Male aufgeschoben und wird nun endlich im Dezember 2022 in stark verkleinerte Form als Iberoamerican Mass Spectrometry Conference veranstaltet. Sie wird aber formal in der Zählung des Ausrichters, der International Mass Spectrometry Foundation (IMSF), der Dachorganisation der nationalen MS-Gesellschaften, belassen.

Begrüßung der TagungsteilnehmerInnen im MECC durch Ron Heeren (Univ. Maastricht) am Sonntagnachmittag.
Rhythmischer Start zur 24. IMSC durch die lokale Sambatrommlertruppe Segura!

Generell war die Freude der TeilnehmerInnen an der 24th IMSC groß, endlich wieder eine reale Tagung mit großer Besucherzahl zu erleben und sich im direkten Gespräch auszutauschen. Dennoch war rund ein Fünftel weniger WissenschaftlerInnen als bei früheren Tagungen vertreten. Neben Reisebeschränkungen und zögerlichen Anmeldungen durch die Corona-Pandemie hat wohl auch der Krieg in der Ukraine eine Rolle gespielt. Dies wurde auch offensichtlich als die Organisatoren zum Tagungsabschluss die Teilnehmerstatistik präsentierten. Von den knapp 1400 angemeldeten TeilnehmerInnen  waren am Ende etwa 1300 ins niederländische Maastricht gereist. Insgesamt wurden 315 Vorträge gehalten und 743 Poster präsentiert. Außerdem wurden samstags und sonntags vor der Tagung etliche Short Courses angeboten, an denen 137 Personen teilnahmen. Auch war die Konferenz deutlich europäischer dominiert als die vorangegangenen Tagungen dieser Reihe, denn unter den 16 aufgeführten Nationen kamen jeweils annähernd ein Viertel der TeilnehmerInnen aus den Niederlanden und Deutschland, gefolgt von Finnland, Frankreich, Belgien und Italien mit je an die zehn Prozent.

Manfred Wuhrer (Univ. Leiden) und die NVMS Vorsitzende Anouk Rijs (Univ. Amsterdam) bei der Tagungseröffnung im MECC.
Gruppenbild des Organisationsteams der NVMS. Die leitenden Organisatoren Albert Heck (Univ. Utrecht), Manfred Wuhrer (Univ. Leiden) und Ron Heeren (Univ. Maastricht) knien vorn. Das Team hatte die 24th IMSC vorbildlich organisiert.

Tagungsprogramm

Am Samstag und Sonntag unmittelbar vor der Tagung wurden einige kostenpflichtige Short Courses veranstaltet. Die Themen der Short Courses waren Ion Mobility Spectrometry (Valerie Gabelica, Tim Causon), Advanced MS data Analysis (Pratik Jagtap, Tim Griffin), Imaging Mass Spectrometry (Martina Marchetti-Deschman, Eva Cuypers), Tandem Mass Spectrometry (Vicki Wysocki, Ljiljana Pasa-Tolic), Cross-linking Mass Spectrometry (Juri Rappsilber, Pascal Albanese), Lipidomics (Steve Blanksby, Michal Holcapek), Biopharma and Native MS (Sarah Cianferani, Valentina D’Atri), Glycomics (Guinevere Lageveen-Kammeijer, Noortje de Haan), Clinical Proteomics (Sander Piersma & Irene Bijnsdorp) sowie Computional Proteomics (David Tab, Quentin Giai Gianetto).

Neben den Plenarvorträgen, zahlreichen eingereichten Beiträgen und Preisverleihungen gab es noch Postersessions, Firmenausstellungen und abendliche Workshops. Die Postersession wurde in zwei Gruppen eingeteilt, die jeweils die Hälfte der Tagungsdauer abdeckten. Da die Poster größtenteils in der Halle mit den Firmenständen untergebracht waren, profitierten diese in gleichem Maße voneinander. Wer mochte, konnte dann noch Lunchseminare besuchen, um so über Mittag Informationen über neueste Geräte und Techniken zu sammeln. Das vollständige Tagungsprogramm der 24th IMSC ist nach wie vor auf der Tagungswebsite einsehbar (www.imsc2022.com).

Den wissenschaftlichen Auftakt hatte die 24th IMSC mit zwei Plenarvorträgen. Paola Picotti (ETH Zürich) sprach über Proteomes in 3D und Bernd Bodenmiller (Univ. Zürich) stellte seine Forschung zum MS Imaging von Geweben mit subzellulärer Auflösung vor, die es unter anderem ermöglicht, die zeitliche und räumliche Ausbreitung von Tumoren zu verfolgen. Danach gab es für die TeilnehmerInnen noch einen Empfang mit Getränken in der Halle mit der Firmenausstellung.

Als Chairman der ersten wissenschaftlichen Session der 24th IMSC fungiert Albert Heck (Univ. Utrecht).
Den ersten Plenarvortrag der Tagung hält Paola Picotti (ETH Zürich). Sie spricht über „Proteomes in 3D“.

Neben den oben erwähnten Auftaktvorträgen gab es nur noch zwei weitere Plenarvorträge, während die übrigen Plenarveranstaltungen im großen Auditorium den Preisverleihungen vorbehalten waren. Den Vortrag am Montagmorgen präsentierte Stephen Blanksby (Queensland University) zum Thema „Getting our fats straight: an international adventure in isomer-resolved lipidomics“. Er zeigte die enorme Komplexität des Lipidoms, zu dem inzwischen rund 47.500 Verbindungen gezählt werden und führte kurz in die Ozon-induzierte Fragmentierung ein, die es erlaubt, Doppelbindungspositionen in Fettsäuren sicherer zu bestimmen. Der andere Plenarvortrag schloss die Tagung am Freitagnachmittag. Diesen hielt Pieternel Levelt (National Center for Atmospheric Research, Boulder, CO) zur Atmosphärenforschung mittels Satellitendaten. Ohne Massenspektrometrie, dafür mit optischer Spektroskopie, rastern von ihrem Team mit entwickelte moderne Satelliten die Erde einmal täglich vollständig mit einer Auflösung von rund zehn Quadratkilometern pro Pixel ab und liefern detaillierte zeitaufgelöste Daten zu Emissionen rund um den Globus.

Stephen Blanksby (Queensland University) erkundet das Lipidom bis in die letzte Doppelbindung der Fettsäuren.
Den wissenschaftlichen Abschluss der Tagung gestaltete Pieternel Levelt (NCAR, Boulder, CO) mit dem Vortrag zur Atmosphärenforschung mittels Satellitendaten.

Thomson Medals

Die Thomson Medal ist zur Ehre von Sir J. J. Thomson benannt, dessen Forschung gemeinhin als Initialzündung der Massenspektrometrie angesehen wird. Die Thomson Medal wird von der IMSF seit 1985 anlässlich der IMSC vergeben und zwar je eine Medaille pro Jahr. Daher wurden auf der 24th IMSC dieses Jahr gleich vier Thomson Medals vergeben. Die Verleihungen führten John Langley (Univ. Southampton, UK) als Präsident der IMSF zusammen mit Catherine Costello (Univ. Boston, MA) als Jury Vorsitzende durch.

In der ersten Session wurden die Thomson Medals für 2020 verliehen. Sie gingen an Alison Ashcroft (Univ. Leeds, UK) für ihre massenspektrometrischen Arbeiten zu Proteinfaltung, Proteinfunktion und der Aufschlüsselung von deren Auswirkung auf Krankheiten sowie an Ron Heeren (Univ. Maastricht, NL), dessen Beiträge zum MS Imaging und seine interdisziplinäre Einbindung in unterschiedliche Forschungsfelder geehrt wurde.

Die Thomson Medals für das Jahr 2022 erhielten Vicki Hopper Wysocki (Ohio State University, OH) für die Entwicklung und biomedizinische Anwendung von oberflächeninduzierter Stoßaktivierung sowie Lidia N. Gall (St. Peterburg Russian Academy of Sciences), deren Entwicklung eines der Elektrospray-Ionisation (ESI) sehr nahekommenden Verfahrens (ERIAD), das vor allem zur Element-Analytik eingesetzt werden kann, somit geehrt wurde.

Von den vier während der Tagung vergebenen Thomson Medals war die an Lidia Gall wohl die aufsehenerregendste. Zum einen erhielt Gall den Preis an ihrem 88. Geburtstag als eine sehr späte Anerkennung von Arbeiten, die eigentlich vor der bahnbrechenden Publikation von ESI durch die Gruppe von John Fenn ausgeführt worden waren und zum anderen bedeutete das die Ehrung einer russischen Forscherin. Man konnte das in Zeiten des Angriffs auf die Ukraine einerseits positiv als Brücke der Wissenschaft über die Politik hinaus aber vielleicht auch als politisch ungeschickte Vergabe ansehen.

Die Thomson Medals 2020 überreichten der Präsident der IMSF, John Langley (links) und die Jury-Vorsitzende Cathy Costello (rechts) an Allison Ashcroft (Mitte links) und Ron Heeren (Mitte rechts).
Die Träger der Thomson Medals 2020 Ron Heeren (Alison Ashcroft fehlt hier leider) und der Vergabe 2022 Vicky Wysocki und Lidia Gall sowie und Cathy Costello zusammen mit den früheren Thomson Medal Preisträgern Renato Zenobi (ET Zürich), Alexander Makarov (Thermo Fisher Scientific) und Albert Heck (Univ. Utrecht).

Curt Brunnée Awards

Mit dem Curt Brunnée Award werden herausragende Beiträge zur instrumentellen Entwicklung in der Massenspektrometrie geehrt. Er wird an Preisträger vergeben, die das 45. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Mit dem Curt Brunnée Award 2020 ausgezeichnet wurde Livia S. Eberlin (Baylor College of Medicine) für die Entwicklung des MasSpec Pen, einer Sonde, die Chirurgen in Echtzeit Information zum gerade operierten Gewebe liefert. Den Curt Brunnée Award 2022 erhielt Erin Baker (Univ. North Carolina) für herausragende Beiträge zur Anwendung von Ionenmobilitäts-MS in der Umweltanalytik und der medizinischen Forschung.

Erin Baker (Univ. North Carolina) stellt die Arbeiten vor, die ihr den Curt Brunnée Award 2022 einbrachten.

Jochen Franzen Award

Der Jochen Franzen Award, der an den Gründer von Franzen Analysentechnik erinnert, wurde in diesem Jahr erstmalig vergeben. Das von Jochen Franzen einst gegründete Unternehmen ist inzwischen als Bruker Daltonics weltbekannt. (Einen Nachruf auf Jochen Franzen finden sie noch auf der DGMS-Website). Als erster Preisträger erhielt Shane R. Ellis (Univ. Wollongong) den Jochen Franzen Award 2022 für seine Arbeiten zum MS Imaging von Lipiden.

Von links John Langley (Präsident der IMSF), der erste Preisträger des Jochen Franzen Awards Shane R. Ellis (Univ. Wollongong) und Jürgen Srega (Bruker Daltonics) bei der Überreichung.
Zum Gruppenbild im Anschluss an die Verleihungen der Curt Brunnée Awards und des Jochen Franzen Awards stehen von links John Langley (Präsident der IMSF), Rosy Lee (Thermo Fisher Scientific), die PreisträgerInnen Livia S. Eberlin (Baylor College of Medicine), Shane R. Ellis (Univ. Wollongong) und Erin Baker (Univ. North Carolina) sowie Jürgen Srega (Bruker Daltonics).

Innovation Lab Talks, Firmenausstellung und Postersessions

Mit dem für MS-Tagungen neuen Format der sogenannten Innovation Lab Talks hatten man das Angebot an die unterstützenden Firmen ihre Produkte zu präsentieren erweitert. Die Produktmanager stellten dabei auf einem Laufsteg in etwa zehn Minuten die Neuheiten ihrer Unternehmen vor. Je nach Sichtweise war dies entweder erfrischend innovativ oder einfach nur etwas marktschreierisch. Auch der Geräuschpegel von der nebenan stattfindenden Postersession brachte Unruhe in diese Veranstaltung und trübte das „Cat Walk-Erlebnis“. Von den präsentierenden Firmen schien das Format allerdings trotzdem gerne und gut aufgenommen. Vielleicht muss man sich auch einfach daran gewöhnen.

Mark Towers (Waters) war einer der ersten auf dem Laufsteg der Innovationen.
Andreas Römpp (Univ. Bayreuth) und Bernhard Spengler (Univ. Gießen) diskutieren in der Postersession.
Firmenausstellung und Posterzone in der unteren Halle des MECC.

Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses

Nachwuchsförderung in Form von Reisekostenbeihilfen gab es seitens der IMSF in Gestalt der Nico Nibbering Travel Awards, die von der IMSF an 46 studentische TagungsteilnehmerInnen vergeben wurden, die dazu auf die Bühne gebeten wurden. Auch die DGMS hat die aktive Teilnahme mit einem wissenschaftlichen Beitrag an der IMSC unterstützt und dann für die Fahrt nach Maastricht 28 Reisekostenbeihilfen in Höhe von jeweils 500 Euro an Studierende vergeben.

Maastricht am Abend und Konferenzdinner

Maastricht hat, obwohl es gerade hinter der Landesgrenze liegt und eigentlich zur niederländischen Provinz Limburg gehört, schon recht deutlich das, was wir in Deutschland als den Charme holländischer Städte empfinden. Kurzum, Maastricht bietet eine sehr angenehme Atmosphäre. Das Konferenzdinner wurde daher auch in innerstädtischer Lage an der Bassinkade veranstaltet. Rund um den früheren kleinen Stadthafen mit Ausfahrt zur Maas liegen dort in ehemaligen Lager- und Werkstattgewölben zahlreiche Lokale. Mit einem Gutschein-Set ausgerüstet konnte man jedes der in die Veranstaltung eingebundenen Lokale für einen festgelegten Gang des Dinners aufsuchen und sich dann zum Essen frei im Areal platzieren.

Rund um den Marktplatz von Maastricht mit dem Rathaus im Hintergrund fand man eine große Auswahl an Gaststätten für den Abend.
Der Abend war angenehm mild und so hielten sich die meisten Gäste des Konferenzdinners draußen auf, um das gute Essen und den schönen Blick auf Hafenbecken und Umgebung zu genießen.
Live-Musik zum Konferenzdinner.
Konferenzdinner an der Hafenpromenade.

Zukünftige IMSCs in Australien und Frankreich

Die 25th IMSC wird vom 14.–17. August 2024 im australischen Melbourne stattfinden. Zu dieser Zeit herrschen Down Under angenehme Temperaturen für eine Tagung, da man sich dort dann im zeitigen australischen Frühjahr befindet. Zu dieser Tagung luden Gavin Reid (Univ. Melbourne) und Tara Pukala (Univ. Adelaide) die TeilnehmerInnen zum Abschluss der 24th IMSC ein.
Die darauffolgende 26th IMSC ist auch schon geplant und wird von 22.–28. August 2026 im französischen Lyon im Herzen Europas stattfinden. Zumindest die IMSC in Lyon wird für uns wieder einfacher zu besuchen sein. Sie wird federführend organisiert von der französischen MS Gesellschaft (SFSM) zusammen mit der schweizerischen MS Gesellschaft (SGMS) und auch die DGMS wird sich unterstützend an der Organisation beteiligen.

Gavin Reid (Univ. Melbourne ) und Tara Pukala (Univ. Adelaide) die Teilnehmer zum Abschluss der 24th IMSC ein, in zwei Jahren nach Australien zu kommen.

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

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