41. DGMS-Jahrestagung in Gießen 2008

Annäherend 400 MassenspektrometrikerInnen waren an die Justus-Liebig-Universität Gießen gereist, um an der 41. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie (DGMS) vom 2.-5. März 2008 teilzunehmen.

In ihrem wissenschaftlichen Gepäck hatten sie knapp 150 Poster, von denen rund 20 als Nachzügler – neudeutsch “Last Minute-Poster” – eingegangen waren, sowie 54 Kurzvorträge. Die großen Vortragsblöcke wurden jeweils durch einen der sieben Hauptvorträge eingeleitet, denen die eingereichten Vorträge in zwei Parallelsessions folgten. Während der Mittagspausen wurden montags und dienstags Lunch-Seminare mehrerer der rund 20 ausstellenden Firmen angeboten.

Das IFZ in Gießen

Unmittelbar vor der Tagung bestand am Sonntag Nachmittag wie auch schon im Vorjahr wieder die Gelegenheit, an einen von fünf Workshops teilzunehmen. Die Themen (und Organisatoren) in diesem Jahr waren “Aerosol-Massenspektrometrie” (Klaus-Peter Hinz), “Hochauflösende Massenspektrometrie” (Andrea Sinz), “Automation in Glycan Structure Analysis” (Kai Maaß), “Grundlagen der MS – ausgewählte Themen” (Michael Mormann) sowie “Peptidfragmentierung und -sequenzierung” (Béla Paizs). Insgesamt nahmen rund 130 Personen diese Angebote zur Auffrischung des persönlichen Kenntnisstandes wahr.

Tagungseröffnung und Wolfgang-Paul-Vortrag

Den festlichen Auftakt der Tagung bildete der Wolfgang-Paul-Vortrag in der Alten Aula der Universität, einem anläßlich der 400-Jahrfeier stilvoll renovierten Festsaal. Nach einer Begrüßung durch Karl-Heinz Kogel, den Vizepräsidenten der Universität, sowie Bernhard Spengler als lokalem Organisator und Jürgen Grotemeyer als Vorsitzenden der DGMS, gab der Gießener Musikpädagoge Peter Geisselbrecht ein kurzes Klavierkonzert, für das er eigens Werke mit einem Bezug zu den Begriffen “Spektrum” und “Masse” ausgesucht hatte.

Peter Geisselbrecht am Flügel

Die Ehrung als Wolfgang-Paul-Lecturer wurde in diesem Jahr Donald F. Hunt (University of Virginia) zuteil. In seinem Vortrag “Innovative Mass Spectrometry Technology for the Study of Cell Signalling and for the Development of Immunotherapeutical Agents against Cancer” gab er nach einem kurzen Rückblick auf seine Anfänge in der MS Einblicke in die aktuellste medizinische Forschung. Hunts Arbeiten konzentrieren sich auf die Proteinsequenzierung im unteren Femtomolbereich und die Erkennung von Antigenen, die im Zusammenhang mit bestimmten Krebsarten stehen. Höchstes Ziel seiner Forschung ist eine Impfung gegen diese häufig unausweichlich tödlichen Erkrankungen.

Donald F. Hunt (links) mit der Ehrenurkunde aus den Händen von J. Grotemeyer

Hauptvorträge

Die Hauptvorträge der Tagung wurden gehalten von Matthias Mann (MPI für Biochemie, Martinsried) “High Performance Mass Spectrometry in Modern Proteomics”, Zoltan Takats (Semmelweis University, Budapest) “Mass Spectrometry in the Operating Room”, Stephan Borrmann (Johannes Gutenberg Universtität, Mainz) “Ambient Aerosols and Clouds: Recent Developments of Particle Mass Spectrometry and Applications”, Gottfried Münzenberg (Gesellschaft für Schwerionenforschung, Darmstadt) “From J. J. Thomson to FAIR” und Einar Uggerud (University of Oslo) “Dehydrogenation Reactions Studied in the Gas Phase”. In einem speziellen Abschlußvortrag ging Michael Karas (Universität Frankfurt) kritisch auf aktuelle Entwicklungen in der Massenspektrometrie ein und bezog außerdem klar Stellung zu dem neuen Qualitätsbewußtsein in der Forschung und dessen bürokratischer Überzeichnung sowie zu den teilweise abstrusen Bewertungskriterien für Mittelbewilligungen.

Einar Uggerud (University of Oslo) bei seinem Vortrag.

Auszeichnungen

Mit dem von Bruker Daltonik gestifteten Wolfgang-Paul-Preis durfte Jury-Vorsitzender Klaus Heumann drei Preisträger auszeichnen. Den Diplomstudienpreis in Höhe von 2500 Euro erhielt Sven Sturm (Diplomarbeit bei A. Wolf, Heidelberg, ausgeführt im Rahmen eines Technical Student Stipendiums am CERN: “Implementation of a High Resolution Mass Resolving Technique for REXTRAP and Investigation of Space Charge Related Phenomena”). Die mit je 5000 Euro ausgestatteten Wolfgang-Paul-Promotionspreise wurden Christoph A. Kürten (Dissertation bei Stephan Borrmann, Universität Mainz) mit dem Thema “Entwicklung, Aufbau und Charakterisierung eines neuartigen Ionenfallen-Massenspektrometers für Aerosolpartikel” und Wolfram Brüchert (Disseration bei Jörg Bettmer, Universität Mainz) mit dem Titel “Entwicklung einer Online-Kopplung der Gelelektrophorese mit der induktiv gekoppelten Plasma-Massenspektrometrie und deren Anwendung in der Bioanalytik” zuteil.

Freude über die Auszeichnungen (von links): Jürgen Grotemeyer, Arndt Ingendoh (Bruker Daltonik), Sven Sturm, Wolfram Brüchert, Christoph A. Kürten und Klaus Heumann.

Außerdem verleiht die DGMS mit dem Mattauch-Herzog-Preis, dessen Preisgeld in Höhe von 12.500 Euro von Thermo Fisher Scientific gestiftet wird, einen Wissenschaftspreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Jury-Vorsitzender Dietmar Kuck übergab die Urkunde in diesem Jahr an Herbert Oberacher von der Universität Innsbruck. Oberacher hat mit seiner Habilitation über “Hocheffiziente Charakterisierung von Nucleinsäuremolekülen mittels Flüssigkeitschromatographie-Elektrospray-Ionisations-Flugzeit-Masenspektrometrie” intelligente Wege zur Analytik dieser diffizilen Substanzklasse beschritten.

Herbert Oberacher mit der Preisurkunde aus den Händen von Dietmar Kuck.

Eine ganz besondere Ehre wurde Herbert Budzikiewicz kurz nach seinem 75. Geburtstag zuteil. Für seine Verdienste um die Arbeitsgemeinschaft Massenspektrometrie (Vorgänger-Organisation der DGMS) in ihren frühen Jahren und für seine umfangreichen Beiträge zur Massenspektrometrie im Allgemeinen erhielt er die Ehrenmedaille der DGMS während der Mitgliederversammlung.

Jürgen Grotemeyer (links) überreicht die Ehrenmedaille an Herbert Budzikiewicz.

Die Posterpreise erhielten in diesem Jahr zum Schluß der Tagung Yvonne Schober, Frank Dreiocker und Ulf Bergmann. Die Zeitschrift Analytical and Bioanalytical Chemistry, die auch einen Sonderband mit Beiträgen zur Tagung herausbringen wird, spendierte jeweils Büchergutscheine im Wert von 200 Euro aus dem Sortiment des Springer-Verlags.

Tagungsorganisation

Die lokale Organisation hatten Bernhard Spengler und Bernd Commerscheidt übernommen. Zusammen mit einem motivierten Team, das die gesamte Arbeitsgruppe umfaßte, hatten sie eine absolut reibungslose Tagung auf die Beine gestellt. Das Hörsaalgebäude der Physik bot einen großen und drei kleinere Hörsäle für die Vorträge, Workshops und Lunchseminare sowie ein großzügiges Foyer für die Kaffeepausen und die Stände der ausstellenden Firmen. Die Poster waren zwar leider nicht mehr unter dem gleichen Dach untergebracht, doch im direkt benachbarten Interdisziplinären Forschungszentrum für biowissenschaftliche Grundlagen der Umweltsicherung (IFZ) leicht erreichbar. Die erste Postersession am fortgeschrittenen Montag Abend fand – eventuell auch dank Bier und Brezeln (einer erstmals 1998 in Cottbus eingeführten Form der Wissenschaftsförderung) – regen Zuspruch.

Das Tagungsteam der Arbeitsgruppe Spengler in Gießen.

Postersession mit Bier und Brezeln im IFZ

Albrecht Beutelspacher mit einem verblüffenden Weg von zwei Ringen zu einem Quadrat.

Das Konferenz-Dinner profitierte von der speziellen Atmosphäre des Gießener Mathematikums mit seiner Ausstellung “Mathematik zum Anfassen” und dessen unmittelbarer Nachbarschaft zum Liebig-Museum. Bereits am Montag hatte der inzwischen deutschlandweit bekannte Mathematiker Albrecht Beutelspacher (Uni Gießen) mit seinem Nicht-MS-Vortrag über “Mathematical Experiments” den Hintergrund für die Einrichtung des Mathematikums erläutert und dabei allerhand geometrische Gedankenspiele und Experimente vorgestellt.

Wer sich an dem hervorragenden Buffet genügend gestärkt hatte, konnte nebenan im Liebig-Museum nicht nur eine liebevolle Führung durch die originale Wirkungsstätte des Justus von Liebig mitmachen, sondern auch die robusten Schauexperimente von Wolfgang Laqua erleben, der Versuche aus der Zeit Liebigs publikumswirksam in Szene setzte.

Mit den Elementen in seinem Element: Wolfgang Laqua im Hörsaal des Liebig-Museum bei einem Schauversuch.

 

Spaß mit anschaulichen physikalischen Versuchen und geometrischen Tüfteleien rund um das Konferenz-Dinner im Mathematikum.

Vorschau auf das MS-Jahr 2009

Das nächste Jahr wird Deutschland gleich zwei wichtige Massenspektrometrie-Tagungen bringen. Zuerst wird im Frühjahr die 42. DGMS-Tagung vom 8.-11. März 2009 an der Uni Konstanz von der Arbeitsgruppe Przybylski organisiert. Dann folgt im Spätsommer vom 30. August bis 4. September die 18th International Mass Spectrometry Conference (IMSC), die von der DGMS in Bremen ausgerichtet wird. International renomierte Redner sind ebenso Bestandteil des Programms wie auch viel Raum für eingereichte Beiträge und regen Austausch zwischen allen Ebenen der Forschung und den Ausstellern aus der Geräteindustrie. Tagungsgebühren weit unter der Hälfte derer vergangener IMSCs und besonders attraktive Konditionen für Studierende sollen die 18th IMSC zur bestbesuchten Tagung ihrer Geschichte werden lassen. Eine Vorregistrierung zur IMSC ist bereits jetzt online (http://www.imsc-bremen-2009.de) möglich.

 

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

 

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