42. DGMS-Jahrestagung in Konstanz 2009

Gut 300 MassenspektrometrikerInnen hatten sich in den äußersten Süden der Republik aufgemacht, um an der 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie (DGMS) in Konstanz teilzunehmen, die vom 8.-11. März 2009 stattfand.

Damit waren nahezu die Hälfte der Mitglieder der DGMS angereist. Das wissenschaftliche Programm der Tagung beinhaltete 135 Poster, gut 50 Kurzvorträge und 6 Plenarvorträge. Außerdem waren trotz der wirtschaftlich schwachen Zeiten immer noch 14 Firmen mit Ständen und teilweise auch Lunchseminaren auf der Tagung vertreten.

Workshops

Vor dem eigentlichen Tagungsbeginn wurden am Sonntagnachmittag drei Workshops zum Themenschwerpunkt bioorganische Massenspektrometrie angeboten. Die Workshops waren im Einzelnen „Affinity mass spectrometry – methods and biomedical applications“ (Michael Glocker und Michael Przybylski), „Polypeptide fragmentation and sequencing“ (Bela Paicz und Benjamin Bythell) sowie „Advances in mass spectrometric analysis of glycosylation and glycoconjugates“ (Alina Zamfir, Timisoara, Leesa Deterding).

Die markant-farbenfroh-verspielte Architektur ist Markenzeichen des Konstanzer Campus.

Tagungseröffnung und Wolfgang-Paul-Vortrag

Die Eröffnungsveranstaltung am Sonntagabend wurde musikalisch elegant durch das Streichquartett aus dem Sinfonieorchester der Universität Konstanz umrahmt. Nach einer Begrüßung durch den Vorsitzenden der DGMS, Jürgen Grotemeyer, und den lokalen Organisator, Michael Przybylski, standen zuerst zwei Ehrungen im Vordergrund. Dieter Henneberg und Gunther Dube erhielten die Ehrenmedaille der DGMS aus den Händen von Jürgen Grotemeyer. Gunther Dube bekam die Auszeichnung für seine Verdienste um die Zusammenführung der ostdeutschen mit der westdeutschen Arbeitsgemeinschaft Massenspektrometrie (damals beide namensgleich AGMS), die dadurch vollzogen worden war, dass sich die Gemeinschaft Ost auflöste und deren  Mitglieder danach in die AGMS West eintraten, aus der dann die jetzige Deutsche Gesellschaft für Massenspektrometrie hervorging. Dube blickte in seinen Dankesworten auf diese wechselvolle Episode zurück. Dieter Henneberg erwarb sich die Ehrung mit seinen maßgeblichen Arbeiten zur Entwicklung und Qualitätssicherung von massenspektrometrischen Spektrenbibliotheken und den zugehörigen Suchalgorithmen. So ging die denkwürde Korrektur einer Arbeit Fred McLafferty’s auf die Qualität seiner Datenbanken und darauf zurück, dass damals in der Gruppe Henneberg modernste GC-Säulen aus der Gruppe von Schomburg verfügbar waren. Damit wurden schließlich zwei Isomere getrennt und das ursprünglich publizierte Spektrum als Überlagerung identifiziert.

Ehrenmedaillen der DGMS für ihre Verdienste um die Gesellschaft erhielten Gunther Dube und Dieter Henneberg (rechts).

Den Wolfgang-Paul-Vortrag, der das wissenschaftliche Programm eröffnet, durfte dieses Mal Tilmann D. Märk (Uni Innsbruck) halten. In seinem Beitrag „Electron impact mass spectrometry of biomolecules: from gas to condensed phase – from room temperature to near absolute zero“ spannte er den Bogen von der dissoziativen Elektronenanlagerung an Nukleobasen, über Experimente zur Unterscheidung von Explosivstoffen und schließlich zu Elektronenanlagerungsprozessen in Heliumclustern, die nach ihrer Genese mittels Überschallexpansion ihrerseits ein Wärmebad von 0,37 K darstellen, in dem Moleküle sogar unter nachfolgender Dimerisierung auf ein eintretendes langsames Elektron reagieren können.

Tilmann Märk hielt den Wolfgang Paul-Vortrag am Sonntag Abend.

Plenarvorträge

Die Titel und Redner der Plenarvorträge der 42. Jahrestagung waren „The quest for affective disorder biomarkers: From differential expression to isoforms to pathways“ (Chris Turck, Max Planck-Institut für Psychiatrie, München), „Developing high-resolution ion mobility-MS techniques for the analysis of complex mixtures“ (David Clemmer, Indiana University, Bloomington), „Structural characterization of proteins related to autoimmune diseases“ (Leesa Deterding, NIH, Research Triangle Park), „Gas phase chemistry – stereoselectivity in mass spectrometry“ (Detlef Schröder, Czech Academy of Sciences, Prag), „Coalescence and dynamic range-resolution tradeoff in FT-ICR-MS from theory and supercomputer modelling“ (Eugene Nikolaev Russian Academy of Sciences, Moskau) sowie „Perspektiven der Massenspektrometrie“ (Michael Linscheid, Humboldt-Universität Berlin).

Detlev Schröder trägt Ionenchemie in der Gasphase sehr agil vor.

Wolfgang-Paul-Preise

Gleich drei Preisträger durfte Jürgen Gross im Namen der fünfköpfigen Jury mit dem von Bruker Daltonik gestifteten Wolfgang-Paul-Preis auszeichnen. Die beiden Wolfgang-Paul-Promotionspreise, dotiert mit je 5000 Euro, wurden vergeben an Alexander Bornschlegl (Dissertation bei Ulrich Boesl, Technische Universität München) für seine „Enantiosensitive Lasermassenspektrometrie chiraler Moleküle – Entwicklung einer neuen Messmethode und Spektroskopie der beteiligten Prozesse“ und an Nina Morgner (Dissertation bei Bernhard Brutschy, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt) für ihre Arbeit „Mass spectrometry of biomolecules from micro droplets“. Den Diplomstudienpreis in Höhe von 2500 Euro bekam Jens Soltwisch (Gruppe von Klaus Dreisewerd, Westfälische Wilhelms-Universität Münster) für seine Arbeit „Einfluss von Gasart, Gasdruck und Extraktionsspannung auf das Fragmentierungs-Verhalten laserdesorbierter Biomolekülionen in einem orthogonal-extrahierenden MALDI-Flugzeitmassenspektrometer mit Feinvakuum-Ionenquelle“.

Freude über die Auszeichnung mit dem Wolfgang-Paul-Preis (von links): Arndt Ingendoh (Bruker Daltonik), Nina Morgner, Alexander Bornschlegel, Jens Soltwisch und Jürgen Grotemeyer.

Mattauch-Herzog-Preis

Ein sehr prestigeträchtiger Preis der DGMS ist der Mattauch-Herzog-Preis, dessen Preisgeld in Höhe von 12.500 Euro von Thermo Fisher Scientific gestiftet wird. Der Mattauch-Herzog-Preis dient der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Jury-Vorsitzender Dietmar Kuck übergab die Urkunde für das Jahr 2009 an Zoltán Takáts, der inzwischen eine Nachwuchsgruppe an der Uni Gießen leitet, für seine bahnbrechenden Arbeiten zu Oberflächenionisationsmethoden. Sein methodisches Repertoire, das seinen Anfang mit Desorption electrospray (DESI) nahm, umfaßt inzwischen noch Solid phase extraction enhanced desorption (SPEEDI) und Rapid evaporative ionization mass spectrometry (REIMS). Anwendungen seiner Arbeiten liegen in der in-situ Analyse von Gewebezusammensetzungen während operativen Eingriffen, um beispielsweise gesundes Gewebe sicher von Tumorbereichen zu unterscheiden.

Ehrung für den Mattauch-Herzog-Preisträger Zoltán Takáts. Von links Dietmar Kuck (Jury), Zoltán Takáts, Ernst Schröder (Thermo Fisher Scientific) und Jürgen Grotemeyer.

Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften

Erstmalig vergeben wurde in diesem Jahr der mit 5000 Euro dotierte und von der Firma Waters gestiftete Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften, der ein umfassendes wissenschaftliches Werk honoriert. Die erste Preisträgerin ist J. Sabine Becker (Forschungszentrum Jülich), die seit vielen Jahren erfolgreich Methoden der Element-Massenspektrometrie zur Erforschung degenerativer Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, Epilepsie oder von Hirntumoren einsetzt. Beispielsweise läßt sich die Krebstherapie mit Pt-Zytostatika über den Pt-Gehalt eines einzigen Haares überwachen, oder die lokale Verteilung von Alzheimer-Plagues in Gewebeschnitten durch ihren erhöhten Metallgehalt mittels LA-ICP-MS abbilden.

J. Sabine Becker erhält den Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften von Jürgen Grotemeyer überreicht; Michael Desor gratuliert im Namen von Waters.

Posterpreise

Die Posterpreise gingen zum Tagungsende an Brindusa-Alina Petre (PK 07), Sami Lababidi (PB 04) und Jens Sproß (PG 01). Die Zeitschrift Analytical and Bioanalytical Chemistry, die wieder einen Sonderband mit Beiträgen zur Tagung herausbringen wird, spendierte jeweils Büchergutscheine im Wert von 200 Euro aus dem Sortiment des Springer-Verlags.

Tagungsorganisation

Michael Przybylski hatte mit der 42. Tagung nun schon zum dritten Mal eine DGMS-Jahrestagung in Konstanz organisiert. Zusammen mit seiner Arbeitsgruppe hatte er eine absolut glatt verlaufende Tagung arrangiert, die vollständig im Hörsaalgebäude der Universität abgehalten wurde. Vorträge, Workshops, Lunchseminare und Poster waren ohne lange Wege oder Gebäudewechsel jederzeit ebenso leicht erreichbar wie die Stände der ausstellenden Firmen. Sowohl das Willkommensbuffet in der Mensa (bei Tag mit Bodenseepanorama) als auch das Konferenz-Dinner im stilvollen Saal des Konstanzer Konzils erfreuten sich überaus hoher Beteiligung. Nur beim Wetter hätte man sich noch etwas mehr anstrengen dürfen…

Musik und in fortgeschrittener Stunde auch Tanz beim Konferenz-Dinner im stilvollen Saal des Konstanzer Konzils.
Postersession mit hohem Interaktionswert.

Vorschau auf das MS-Jahr 2009

Zur 43. DGMS-Tagung vom 7.-10. März 2010 an der Uni Halle laden Andrea Sinz und Jürgen Schmidt schon jetzt herzlich ein. Zuvor hat aber die DGMS noch das Event des Jahres 2009, die 18th International Mass Spectrometry Conference (IMSC), in Bremen zu bestreiten. Eine Registrierung zur IMSC ist über die Tagungswebsite möglich (http://www.imsc-bremen-2009.de).

International renomierte Redner sind ebenso Bestandteil des Programms wie auch viel Raum für eingereichte Beiträge und regen Austausch zwischen allen Ebenen der Forschung und den Ausstellern aus der Geräteindustrie. Tagungsgebühren weit unter der Hälfte derer vergangener IMSCs und besonders attraktive Konditionen für Studierende sollen die 18th IMSC zur bestbesuchten Tagung ihrer Geschichte werden lassen.

Eine Bildergallerie von der 42. DGMS-Tagung, Einblicke in die Aktivitäten der DGMS sowie Infos über die Bewerbung zu den wissenschaftlichen Preisen finden sie auf der Homepage der Gesellschaft (https://www.dgms.eu).

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung.

>>> Tagungsband

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

 

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