44. DGMS-Jahrestagung in Dortmund 2011

Die 44. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie (DGMS) hatte mit rund 480 Teilnehmer einen Besucherrekord zu verzeichnen.

Vom 27. Februar zum 2. März 2011 waren Massenspektrometriker in Dortmund zusammengekommen, um sich bei einem wissenschaftlichen Programm aus 196 Postern, 32 Kurzvorträgen und sechs attraktiven Plenarvorträgen auszutauschen. Über zwanzig Firmen waren mit ihren Ständen vertreten und ermöglichten den Tagungsbesuchern, sich auch über die aktuelle Palette an Massenspektrometern, Zubehör und Software-Lösungen zu informieren. Dazu trugen auch die Lunch-Seminare und ein gesonderter Block mit einigen kommerziellen Vorträgen bei.

Wie seit vielen Jahren üblich, wurden vor Tagungsbeginn kompakte Workshops veranstaltet, die wieder gut angenommen wurden. Die Themen lauteten “Computational Proteomics” (Oliver Kohlbacher, Univ. Tübingen), “Affinity-MS” (Michael Przybylski, Univ. Konstanz), “LC-MS” (Christian Huber, Univ. Salzburg), “MS Imaging: Applications and Perspectives” (Andreas Römpp und Bernhard Spengler, Univ. Gießen) sowie “Career Planning for Young Scientists” (Johannes Janssen, DFG, Bonn).

Die Tagung selbst wurde erst nach den Workshops eröffnet. Nach einer Begrüßung durch den lokalen Organisator Albert Sickmann (ISAS, Dortmund) folgten Grußworte von Claudia Keidies im Namen der Stadt Dortmund und Metin Tolan, dem Prorektor für Forschung.

Tagungsorganisator Albert Sickmann (ISAS, Dortmund) begrüßt die Tagungsteilnehmer und eröffnet die Tagung.
Metin Tolan, Prorektor für Forschung der Universität Dortmund, stellt seine Universität vor.

Wolfgang-Paul-Vortrag

Der wissenschaftliche Teil der 44. DGMS-Tagung wurde durch den Wolfgang-Paul-Vortrag eingeleitet. Der Vorsitzende der DGMS, Jürgen Grotemeyer (Univ. Kiel), stellte die Vortragsreihe und den diesjährigen Redner vor. Die Ehre, den Vortrag zu halten, wurde 2011 Michael T. Bowers (Univ. Santa Barbara, CA) zuteil, der mit seinem Beitrag “A Career in Science: From Chemical Physics to Biology and Places In-between” nicht nur seine aktuellen Arbeiten präsentierte, sondern auch interessante und teils amüsante Einblicke in sein Leben und wissenschaftlichen Werdegang bot.

Michael T. Bowers (Univ. Santa Barbara, CA) hält den Wolfgang Paul-Vortrag.
Jürgen Grotemeyer überreicht die Urkunde an den diesjährigen Wolfgang Paul-Vortragenden.

Plenarvorträge

Die sechs Plenarvorträgen der Tagung deckten sehr unterschiedliche Themengebiete gut ab. Mario Thevis (Sporthochschule, Köln) hielt den ersten dieser Vorträge mit dem Titel “Use of Mass Spectrometry-Based Methods in Sports Drug Testing” und zeigte, mit welchen Tricks Dopingsünder versuchen, sich dem Ertapptwerden zu entziehen. Ebenfalls noch am Montag sprach Jörg Feldmann (Univ. Aberdeen) bei seinem Vortrag “Speciation Analysis: Does that Belong to Inorganic Mass Spectrometry?” über die Elementanalytik des Arsens, wobei er besonders dessen Auftreten in Reis beleuchtete. Am zweiten Konferenztag folgte Christian Huber (Univ. Salzburg) über “Toxicity Profiling of Drugs Using Proteomics and Metabolomics”. Mit seinem fachfremden und wohl gerade deshalb höchst unterhaltsamen Beitrag erfrischte Metin Tolan (Univ. Dortmund) das Programm mit “Geschüttelt, nicht gerührt – James Bond im Visier der Physik”. Die phantastischen Stunts, Superarmbanduhren und andere Hilfsmittel des Topagenten 007 hielten der wissenschaftlichen Überprüfung nur sehr begrenzt stand.

Die Hauptvorträge des Mittwochs wurden von Béla Paizs (Univ. Tucson, AZ und DKFZ Heidelberg) über “Cyclization and Rearrangement Reactions in CID of Protonated Peptides: Gas-phase IR, Hydrogen/Deuterium Exchange (HDX), Ion Mobility Spectrometry (IMS), and Theoretical Studies” sowie von Maciej Stobiecki (Univ. Poznan) zum Thema “Structural Analysis of Flavonoid Glycoconjugates with Mass Spectrometric Techniques ¿ Does It Fit to Metabolomics?” gehalten.

Christian Huber (Univ. Salzburg) bei seinem Vortrag über “Toxicity Profiling of Drugs Using Proteomics and Metabolomics”.
Béla Paizs (Univ. Tucson, AZ und DKFZ Heidelberg) spricht über “Cyclization and Rearrangement Reactions in CID of Protonated Peptides”.
Agententhriller? Wenn man als Physiker hinter die Kulissen schaut, ist 007 nicht mehr ganz ernst zu nehmen. Umso mehr Spaß machte der Vortrag von Metin Tolan.

Conference Dinner

Das Conference Dinner fand in einer VIP-Launch des Dortmunder Signal-Iduna-Parks, ehemals unter dem prägnanteren Namen Westfalenstadion bekannt, statt. Vorher bestand für die Teilnehmer die einzigartige Gelegenheit, einen geführten Stadionrundgang zu machen, der von der Polizeistation mit Arrestzellen (sauber getrennt nach Dortmundern und Gästen) über das Pressezentrum und die Spielerumkleide (geweihte Hallen für Borussia-Fans!) bis zur Trainerbank am Spielfeldrand führte. Eine wirklich beeindruckende Tour durch das größte Station des Landes und wohl auch des kommenden Meisters. Gut durchgelüftet schmeckte das vorzügliche Buffet dann allen um so besser. Ausserdem wurde ein Tischfußballtournier ausgetragen, bei dem es handsignierte Trikots von Borussia Dortmund zu gewinnen gab.

Aus der Sicht eines Kaninchens nur grünes Gras, für den Fan aber…
Ein Eldorado für Fußballfans, zu denen unser Tagungsorganisator wohl auch zu zählen scheint.

Wolfgang-Paul-Preise

Die mit je 5000 Euro dotierten Wolfgang-Paul-Preise für Dissertationen erhielten auf der dortmunder Tagung zum einen Patrick Oßwald (Dissertation an der Univ. Bielefeld, Gruppe K. Kohse-Höinghaus) für seine Arbeit “Systematische Analyse der Verbrennungsprozesse oxygenierter Brennstoffe mittels Molekularstrahlmassenspektrometrie” und zum anderen Nico Zinn (Dissertation bei Prof. W. D. Lehmann, DKFZ Heidelberg) “Development of Quantitative Proteomic Methods by Electrospray and Element Mass Spectrometry and their Application to Cancer-related Signalling Proteins”. Zu ihrem Erfolg gratulierten ihnen Arndt Ingendoh (Stifterfirma Bruker Daltonik), Jury-Vorsitzender Jürgen H. Gross (Universität Heidelberg) und der DGMS-Vorsitzende Jürgen Grotemeyer ganz herzlich. Einen Diplom- bzw. Masterpreis konnte die Jury 2012 nicht vergeben, da in dieser Kategorie bedauerlicherweise keine Bewerbungen eingegangen waren.

Die Verleihung der Wolfgang-Paul-Preise für Dissertationen. Von links stehen Jürgen Grotemeyer, Arndt Ingendoh (Bruker Daltonik), die Preisträger Nico Zinn und Patrick Oßwald sowie Jury-Vorsitzender Jürgen Gross. Bild: Peter Lutz für ISAS

Agilent Research Summer

Mit dem Agilent Research Summer ist eine neue Kategorie von Wissenschaftspreis entstanden. Das Konzept sieht eine Forschungsförderung des Preisträgers durch die Möglichkeit eines etwa zweimonatigen Aufenthalts in den Applikationslabors der Stifterfirma vor, der aus Kapazitätsgründen der Labors in den urlaubsbedingt ruhigeren Sommermonaten liegen soll. Da der Preis im letzten Sommer erstmals vergeben wurde, galt es in diesem Jahr zwei Preisträger vorzustellen, sowohl einen, der schon über seine Arbeit berichteten konnte, als auch mit einen, der sein Projekt im Sommer 2012 angehen wird. Jury-Vorsitzender Wolfgang Schrader (MPI für Kohleforschung, Mühlheim) überreichte die Urkunde rückwirkend an Jörg Seidler (DKFZ Heidelberg) und in Erwartung interessanter Ergebnisse an Jens Sproß (Univ. Halle-Wittenberg).

Von links stehen der Jury-Vorsitzende Wolfgang Schrader, Andreas Waßerburger (Agilent, Waldbronn), Jens Sproß und Jörg Seidler sowie Jürgen Grotemeyer.
Jörg Seidler berichtet von seiner Arbeit und den positiven Erfahrungen während seines Aufenthalts in den Agilent-Labors.

Mattauch-Herzog-Preis

Der Mattauch-Herzog-Preis mit seinen 12.500-Euro Preisgeld ging an Wolfgang R. Plaß (Univ. Gießen und GSI Darmstadt) für seine exzellenten Arbeiten zur Präzisionsmassenspektrometrie an exotischen und sehr kurzlebigen Atomkernen. Atome, die oft schon nach wenigen Tausendstel Sekunden radioaktiv zerfallen, kommen in der Natur nur in kosmisch spektakulären Ereignissen wie Supernova-Explosionen vor. Oft muss die Messung mit nur einem Atom gelingen. Mit seiner Arbeitsgruppe beteiligt sich der Preisträger an internationalen Kollaborationen, u.a. mit Präzisionsexperimenten zur Untersuchung superschwerer Elemente bei der GSI. Zu seinen Entwicklungen gehört ein Vielfach-Reflexions Flugzeitmassenspektrometer mit hervorragenden Leistungsmerkmalen.

Nachdem der Mattauch-Herzog-Preis im vergangenen Jahr in Ermangelung geeigneter Bewerber ausgesetzt worden war, war Jury-Vorsitzender Dietmar Kuck (Uni Bielefeld) glücklich, 2011 wieder einen würdigen Preisträger ehren zu können.

Ernst Schröder (Thermo Fisher Scientific) überreicht die Urkunde an Wolfgang Plaß unter dem Beifall von Jürgen Grotemeyer (links) und Jury-Vorsitzendem Dietmar Kuck (rechts).
Mattauch-Herzog-Preisträger Wolfgang R. Plaß trägt über seine Arbeiten vor.

Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften

Andrij Shevchenko (Univ. Dresden) erhielt den 2011 nun zum dritten Mal verliehenen und von Waters mit 5000 Euro dotierten Preis für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften. Wolf Dieter Lehmann (DKFZ Heidelberg) überreichte als Jury-Vorsitzender die Urkunde an Andrij Shevchenko für seine wegweisenden Beiträge zur qualitativen und quantitativen Analyse von Lipiden. Shevchenkos Arbeiten zu Shotgun Lipidomics zeigen, was ein sorgfältiger systematischer Lösungsansatz bei komplexen Gemischen zu bewirken vermag.

Andrij Shevchenko (links) ist Preisträger des Waters Preises für Massenspektrometrie in den Biowissenschaften 2011. Gerade hat er die Urkunde vom Jury-Vorsitzenden Wolf Dieter Lehmann erhalten.

Das Team

Ein engagiertes Team blickt auf eine reibungslos organisierte Jahrestagung zurück.

Posterpreise

Die Preise für die besten Posterbeiträge, jeweils 200 Euro-Gutscheine für Werke aus dem Sortiment des Springer-Verlags, die von der Redaktion der Zeitschrift Analytical and Bioanalytical Chemistry gesponsort werden, erhielten Rita Büchler (P67), Stefan Kalkhof (P72) und Daniel Riebe (P172).

45. DGMS-Tagung in Poznan

Die polnische Gesellschaft für Massenspektrometrie sprach schon von längerer Zeit die Einladung aus, mit der DGMS zusammen eine Tagung zu veranstalten. Für 2012 wird die DGMS dieses Angebot gerne annehmen und mit der gemeinsamen Tagung beider nationaler MS-Gesellschaften vom 4.¿7. März 2012 zum allerersten Mal eine DGMS-Tagung außerhalb Deutschlands abhalten. Der lokale Organisator dieser Tagung, Maciej Stobiecki (Univ. Poznan), stellte den attraktiven Tagungsort vor und lud herzlich zu diesem grenzüberschreitenden Treffen ein. Praktischerweise ist Poznan mit dem Zug über Berlin problemlos zu erreichen. Für studentische Teilnehmer mit eigenem wissenschaftlichen Beitrag wird die DGMS genügend Reisekostenzuschüsse bereitstellen.

Maciej Stobiecki (Univ. Poznan), der lokale Organisator unserer nächsten Tagung in Poznan.

>>> Hier geht es zu großen Bildergalerie der Tagung.

Text und Bilder: Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

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