59th ASMS Conference on Mass Spectrometry

5. bis 9. Juni 2011 in Denver

Die Tagungen der American Society for Mass Spectrometry (ASMS) sind alljährlich ein Magnet für MassenspektrometrikerInnen aus aller Welt. Vom 5. bis 9. Juni 2011 waren rund 6500 Teilnehmer zur 59. ASMS Conference nach Denver gekommen. Mit den im Westen der Stadt im späten Frühjahr noch schneebedeckt emporragenden Gipfeln der Rocky Mountains trägt die “Mile High City” (Denver liegt gut 1600 m über N.N.) der Affinität dieser Klientel zu hohen Peaks durchaus Rechnung. Ein Panorama, das in den abgedunkelten Vortragssälen des Colorado Convention Centers freilich seine Bedeutung verlor.

Willkommen ASMS.

Der Blaue Bär, Wahrzeichen des Colorado Convention Centers

Nach der Eröffnung der Tagung durch die Vizepräsidentin der ASMS, Susan T. Weintraub, wurden traditionell zwei Tutorials präsentiert. Der Beitrag von Mark W. Duncan (University of Colorado, Denver, CO), “Good Mass Spectrometry and its Place in Good Science”, regte dazu an, wieder einmal grundsätzlich über wissenschaftlich korrektes Vorgehen, die Planung und Interpretation von Experimenten und deren Interpretation nachzudenken.

Den Hauptvortrag zur Tagungseröffnung, “Our Stellar Origins Revealed by Stardust Grains”, hielt Larry Nittler (Carnegie Institution of Washington, Washington DC). Er zeigte darin, wie man mittels Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS) interstellaren Staubpartikeln und Meteoriten Aufschluss über die Zusammensetzung des Universums vor vielen Milliarden Jahren abringen kann. Es gelingt dank der mit der Alterung der Sterne massiv variierenden Kernfusionsprozesse, deren Produkte als interstellarer Staub isotopisch unverändert die Zeiten überdauern können. Ob das nicht ein eigenartiges Gefühl ist, zu wissen, dass man einem acht Milliarden Jahre alten Staubpartikel mit SIMS ein Ende gesetzt hat?

Da viele Tagungsteilnehmer einen wissenschaftlichen Beitrag präsentierten, wurden Vorträge in sieben zweistündigen Parallelsessions, je eine am Vor- und eine am Nachmittag, gehalten. Poster wurden jeweils nur für einen Tag in der gigantischen Ausstellungshalle gezeigt. Während der vierstündigen Postersessions war es aber durchaus möglich, einen vernünftigen Anteil des jeweils rund 700 Poster zu studieren.

Nach dem Programm mit eingereichten Beiträgen bestand von Montag bis Mittwoch am frühen Abend die Möglichkeit, noch an einem der insgesamt 28 Workshops teilzunehmen, die Themen sehr speziellen wie auch allgemeinen Interesses abdeckten.

Verpflegungspause zwischen der letzten Vortragssession und den abendlichen Workshops.

Mit Frühstücksseminaren um 7.00 Uhr morgens und den “Hospitality Suites” am Abend tragen einige Unternehmen sehr stark zum sozialen Rahmen der Tagung bei. Oft sind es ja gerade die zufälligen Kontakte, die zu neuen Ideen oder Kooperationen auf einem Gebiet führen. Umgekehrt hängen derartige Tagungen inzwischen stark vom finanziellen Engagement vor allem der Branchenriesen ab und sind damit einem Risiko der Kommerzialisierung ausgesetzt, dem  wissenschaftliche Vereinigungen maßvoll entgegensteuern sollten.

Als Highlights auf instrumentellem Gebiet sind wohl zum einen vielversprechende Ansätze zur Weiterentwicklung der Zaifman-Falle und zum anderen eine der (kommerziellen) Anwendung schon sehr nahe neue ICR-Zelle zu sehen. Die Zaifman-Falle beruht wie die Orbitrap auf axialen Oszillationen von Ionenpaketen in einem elektrischen Feld und der Detektion von Bildströmen. Im Unterschied zur Orbitrap verwendet die Zaifman-Falle aber keine axiale Elektrode, sondern läßt die Ionenpakete zwischen zwei Reflektrons oszillieren. Die neue ICR-Zelle, eine von Bruker Daltonik (Bremen) zusammen mit Eugene Nikolaev (Russische Akademie der Wissenschaften, Moskau) entwickelte Zelle mit segmentierten Anregungs- und Detektionsplatten erzeugt das Feld einer hyperbolischen ICR-Zelle (Penning-Falle), unterliegt dabei aber nicht deren Raumladungsbeschränkung. Auflösungsvermögen von bis zu 2,5 x 107 wurden damit erzielt. Damit ließen sich bei moderater Magnetfeldstärke Auflösungen erreichen, die derzeit selbst mit 15 T-Magneten unmöglich sind.

Die ASMS vergibt jährlich zwei bedeutende Wissenschaftspreise auf dieser Tagung.

Den “Award for a Distinguished Contribution to Mass Spectrometry” erhielt Robert J. Cotter (John Hopkins University, Baltimore, MD) für seine Entwicklungen auf dem Gebiet der Flugzeit-Massenspektrometrie, unter denen ein Reflektor mit nicht-linearem Feld und TOF-TOF-Analysatoren zu den prominentesten zählen.

Scott A. McLuckey (rechts) gratuliert Robert J. Cotter zum “Award for a Distinguished Contribution to Mass Spectrometry”. Bild mit freundlicher Genehmigung der ASMS.

Die “Biemann Medal” wurde an Béla Paizs verliehen. Paizs, normalerweise am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg tätig, verbringt aktuell als Heisenberg-Stipendiat einen knapp einjährigen Forschungsaufenthalt in Tucson, Arizona. Geehrt wurde er für seine umfangreichen theoretischen und neuerdings vermehrt experimentellen Arbeiten zur Aufklärung der Fragmentierungsmechanismen von Peptidfragmentionen. Für seine Bearbeitung der Thematik mit unterschiedlichen Methoden unterhält er Kooperationen mit einer Reihe von Arbeitsgruppen.

Béla Paizs (links) erhält die “Biemann Medal” aus den Händen des Präsidenten der ASMS, Scott A. McLuckey (rechts). Bild mit freundlicher Genehmigung der ASMS.

 

Still going strong. Fred McLafferty (rechts) im Gepsräch mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Judit Villen erhielt den mit 35.000 $ dotierten Thermo Scientific Research Award für ihr weiteres Arbeiten.

Den Abschluss der 59. ASMS Conference bildete der faszinierende Vortrag “Why Are We Surprised by Only Some of the Things that We See? Visual Illusions, the Brain and Baseball” von Arthur Shapiro (American University, Washington DC), dessen optische Illusionen die Grenzen unserer Sinneswahrnehmung aufzeigen und auch ausnutzen. Präzise ausgeklügelt, dennoch genial einfach, gelang es ihm, auf der Leinwand den Anschein von Bewegungen, Farbänderungen und Formen zu kreieren. Mit einem kleinen Umtrunk wurden die Tagungsteilnehmer dann verabschiedet und zugleich zur 60. ASMS Conference vom 20. bis 24. Mai 2012 nach Vancouver eingeladen.

Denver, 16th Street Mall.

Ein Droschkenkutscher wartet mit seinem Hund auf Kundschaft in der Fußgängerzone.

Text und Bilder (wenn nicht anders vermerkt) Jürgen H. Gross, Universität Heidelberg

 

 

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